Warum die Maslowsche Bedürfnispyramide nichts mit der Realität zu tun hat

Das Verlangen nach Status sollte laut Abraham Maslow erst auftreten, wenn die menschlichen Grundbedürfnisse befriedigt sind. Die Wirklichkeit sehe allerdings ganz anders aus, kritisiert ein Verhaltensökonom.

Warum die Maslowsche Bedürfnispyramide nichts mit der Realität zu tun hat

Die Maslowsche Bedürfnis-Pyramide ist vielen ein Begriff. Wer eine Marketing- oder Psychologieausbildung genossen hat, kam an dieser 1943 vom amerikanischen Psychologen Abraham Maslow erstellte Hierarchie der Bedürfnisse nicht vorbei.

Ihre Basis besteht aus dem Verlangen nach Luft, Nahrung, Wasser, Bekleidung und Schlaf. Sind diese Basics einmal gedeckt, braucht der Mensch Absicherung in Form von Arbeit, Gesundheit, Eigentum, Familie und sozialer Stabilität, gefolgt von der darüber liegenden Ebene “Liebe und Zugehörigkeit”, sprich: Freundschaft, Familie und Intimität.

Erst dieses dreigeschossige Fundament ist die Voraussetzung für Selbstvertrauen und der Sehnsucht, ein unverwechselbares Individuum zu sein. Das führt wiederum an die Spitze der Pyramide, der “Selbstverwirklichung”, also Moralbewusstsein, Kreativität, Spontanität, das Erleben des eigenen Potentials und Gebrauchtwerdens.

Die Praxis widerspricht der Theorie

Alles Blödsinn, meint Nick Naumof fast 70 Jahre später. Der Behavioral Economics-Blogger glaubt nicht daran, dass die nächsthöhere Stufe der Maslowschen Bedürfnispyramide erst erklettert wird, nachdem die darunterliegenden Erfordernisse abgehakt wurden. Wie erklärt sich etwa das absurde, aber nicht selten beobachtbare Verhalten von bedürftigen Leuten, die ihr knappes Geld lieber für protzige Statussymbole statt Lebensmittel ausgeben?

Die Idee einer Bedürfnishierarchie sei eindimensional, so Naumof:

Although Maslow’s Hierarchy of Needs is popular and makes intuitive sense, it is nonetheless a flawed model of human needs and motivations. Abraham Maslow viewed people through rather idealistic lenses and not as we actually are. We are not creatures designed by a Grand Designer with the aim of fitting idealistic models of humanity.

Das Maslowsche Modell ignoriere, dass die Verhaltensmechanismen der oberen Ebenen der Pyramiden von Menschen oftmals eingesetzt werden, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen, so Naumof. Sprich: Unsere Motivationen und Verhalten sind viel chaotischer als es das klassische Pyramidenmodell vorgaukelt.

Quelle: Nick Naumof, Why Maslow’s Hierarchy of Needs is Dead Wrong, naumof.com, May 22, 2017