Human Resources: Wie Alter trotz grosser Erfahrung die Chancen am Arbeitsmarkt mindert

Je älter ein Jobbewerber, desto eher schrumpfen seine Chancen auf eine Anstellung. Selbst exzellente Fähigkeiten mildern die Altersdiskriminierung durch Personalmanager nur selten, belegt eine Studie.

Human Resources: Wie Alter trotz grosser Erfahrung die Chancen am Arbeitsmarkt mindert

Auch wenn die Bevölkerung im Alter 50+ wächst und immer länger arbeitet, scheitern die Ambitionen häufig an den Arbeitgebern: Diese sind nämlich nicht besonders willig, ältere Jobbewerber einzustellen. Ihnen wird systematisch weniger Motivation und damit Produktivität sowie schlechtere Gesundheit unterstellt, wie Studien aus der Vergangenheit zeigen.

Die statistische Diskriminierungstheorie besagt, dass der Faktor Alter auf Einstellungsentscheidungen weniger Einfluss hat, sobald Personalvermittler mehr Informationen über die Fähigkeiten des Bewerbers haben. Ob dies in der Praxis so wirkt untersucht nunr eine neue Studie: Darin wird argumentiert, dass Informationen über den Jobbewerber vor allem dann Einfluss haben sollten, wenn sie altersbedingte Stereotypen entlarven und eben nicht bestätigen.

Zur Analyse wurden Daten der European Sustainable Workforce Survey verwendet, die von 259 Organisationen in neun europäischen Nationen gesammelt worden waren. Die Ergebnisse bestätigen das Vorhandensein von Altersdiskriminierung. In jeder Subpopulation der Stichprobe hatten ältere Kandidaten wesentlich niedrigere Einstellungswerte.

Das Ausmass der Diskriminierung aufgrund des Alters war allerdings sehr unterschiedlich: In einigen Ländern wie Ungarn und Bulgarien oder in gewissen Bereichen (Verkehr, Produktion) fiel sie etwa doppelt so hoch aus wie anderswo. Dies könnte darauf hinweisen, dass traditionellere Sektoren und Länder anfälliger für Altersdiskriminierung sind, obwohl diese Feststellung durch die Tatsache gemildert wird, dass die Stichproben nicht vollständig repräsentativ für ihre Bevölkerung sind.

Fähigkeiten machen das Alter nicht wett

Insgesamt konnte nicht festgestellt werden, dass Informationen, die Stereotypen entkräften, Altersdiskriminierung mildern können:

However, we do not find that stereotype-rejecting information moderates age discrimination: it does not matter whether recruiters have information that debunks or confirms ageist stereotypes; age is equally important in both situations.

Die Ergebnisse zeigen also, dass die Bewertung der Fähigkeiten eines Bewerbers bei Einstellungsentscheidungen von seinem Alter weitgehend abgekoppelt ist.

Die Studie macht deutlich, dass das Ausmass der Diskriminierung aufgrund von Alter je nach Land, Sektor, Organisation und Management zwar unterschiedlich ist, jedoch nur zwischen schlecht und schlechter variiert. Kandidaten, die wesentlich älter als fünfzig sind, benötigen aussergewöhnlich positive Merkmale, um einen hohen Einstellungswert zu erhalten. Selbst wenn Manager viel über die Produktivität eines Kandidaten wissen, ist der Kandidat wahrscheinlich immer noch einer Diskriminierung aufgrund des Alters ausgesetzt.

Quelle: Jelle Lössbroek et al., Age Discrimination in Hiring Decisions: A Factorial Survey among Managers in Nine European Countries, European Sociological Review, jcaa030, published: 02 September 2020