Behavioral Strategy Design: Strategie ist nur so gut wie das Management, das sie in die Praxis umsetzt

Auf Basis der Verhaltensökonomischen Forschung kann Strategie das Ergebnis von evidenzbasiertem Behavioral Design sein. Das sorgt systematisch für bessere Entscheidungen, besseres Management – und bessere Unternehmen.

Immer wenn in Management-Meetings das Reizwort «Strategie»fällt, kann alles oder nichts gemeint sein. Mal landet man in einer Strategie-Diskussion, weil kein gemeinsames Verständnis dafür herrscht, wohin die Reise gehen soll. Mal wird die Strategie thematisiert, um anderen, vielleicht sogar drängenderen Fragen auszuweichen. Und mal geht es doch ums grosse Ganze.

Aber was ist überhaupt Strategie? Was macht strategische Entscheidungen aus? Und wie werden sie in Unternehmen vorbereitet und getroffen?

Ich besinne mich bei diesen Fragen gerne auf das Standardwerk «Economics of Strategy»von David Besanko, David Dranove, Mark Shanley und Scott Schaefer. Das Buch gehört seit seiner ersten Auflage in den 1990er-Jahren zur Pflichtlektüre für Managerinnen und Manager. Dessen zentrale Botschaft lautet: Für langfristigen unternehmerischen Erfolg sind vor allem die Management-Skills ausschlaggebend.

Doch wenn es ohnehin vor allem das Management ist, das zählt – warum dann überhaupt über Strategie nachdenken?Die Antwort ist einfach: Es lohnt sich gerade deshalb. Vor allem dann, wenn man den Begriff etwas enger definiert: als kleinsten gemeinsamen Rahmen einer Organisation, innerhalb dessen strukturierte Entscheidungen getroffen werden.

Um diesen Rahmen zu gestalten helfen die Ergebnisse der verhaltensökonomischen Forschung. Sie sorgen etwa dafür, dass Manager sich ihrer eigenen Biases bewusst werden. Sie erklären, warum es Unternehmen tatsächlich hilft, wenn sie neben Profiten auch noch höhere Ziele anstreben. Und vor allem zeigen sie, dass Strategien immer nur so gut sind wie die Manager, die sie in die Praxis umsetzen.

Auf Basis dieses Wissens ist Strategie kein leeres Schlagwort mehr, sondern kann das Ergebnis von evidenzbasiertem Behavioral Design sein. Das sorgt systematisch für bessere Entscheidungen, besseres Management – und bessere Unternehmen.

 



Vergiss, was du jetzt willst: Strukturiert entscheiden mit Daniel Kahneman

Der Nobelpreisträger Daniel Kahnemanhat gemeinsam mit Dan Lovallound Olivier Sibony in der aktuellen Ausgabe der MIT Sloan Management Reviewden empfehlenswerten Essay «A Structured Approach to Strategic Decisions»veröffentlicht. Schlechte strategische Entscheidungen, so führen sie dort aus, passieren meist dann, wenn es Führungskräften nicht gelingt, ihre Biases im Zaum zu halten. Das stellt Entscheidungen systematisch auf ein wackeliges Fundament.

Kahneman und Kollegen schlagen als Lösung einen Ansatz vor, den sie Mediating Assessments Protocol (MAP) nennen. MAP ist nicht dazu gedacht, Intuitionen oder Bauchgefühl vollständig aus dem Entscheidungsprozess zu eliminieren. Aber es hilft dabei, unabhängige Teilfaktoren einer Entscheidung zu identifizieren und diese getrennt zu bewerten, ehe die grosse Entscheidung getroffen wird. So können irrationale Faktoren mit überproportionaler Wirkungin Schach gehalten werden.

Ein Beispiel aus dem Artikel: Ein Investor hat Interesse an einem Startup. Einige Partner des Investors kommen von einer ersten Produktdemo zurück und sind hellauf begeistert. Diese Begeisterung benebelt die Einschätzung der Managemant-Qualitäten des Startups, frei nach dem Motto: Wer so ein tolles Produkt entwickelt, der kann auch nur ein guter Manager sein.

Gut möglich, dass ein Investment aufgrund dieses spontanen Fehlschlusses trotzdem ein Erfolg ist. Das ist dann aber Zufall. MAP hingegen kann dafür sorgen, dass nicht nur der Zufall alleinezählt, sondern die Entscheidung so lange verzögert wird, bis genügend strukturiert erhobene Faktoren für ein geringeres Risiko sorgen.

Daniel Kahneman, Dan Lovallo, Olivier Sibony: A Structured Approach to Strategic Decisions

 

 


★★
Einfach nur erfolgreich zu sein stiftet keine Identität

Eric Van den Steen(Harvard Business School) ist einer der wichtigsten Grundlagenforscher zu Strategie und Wettbewebsvorteilen, der Rolle von Führungskräften in der Strategie undden Wechselwirkungen von Strategie und Organisation. Er zeigte zum Beispiel, dass die Unumkehrbarkeit eine Entscheidung nicht strategischer macht, sondern die Strategie wertvoller. Ausserdem wies er nach, dass langfristige Strategien in der Regel erfolgreicher sind – und auch volles Risiko eine Strategie ist. Und all das, so das Fazit, braucht sichtbares Management.

Im Aufsatz «Why Do Firms Have ‘Purpose’? The Firm’s Role as a Carrier of Identity and Reputation»geht er gemeinsam mit Rebecca Henderson der Frage nach, warum viele Unternehmen einen höheren Sinn («Purpose») für ihre Handeln suchen als den Profit alleine. Ihre Antwort: «Purpose» kann von entscheidender Bedeutung sein, weil dieser Mehrwert die Identität von Unternehmen und Mitarbeitenden mitgestaltet. Glaubwürdig wird diese Identitätvor allem auch durch die Werte und Überzeugungen, die das Management vorlebt – was sie zu einem wichtigen Baustein des Behavioral Strategy Designs macht.

Eric Van des Steen & Rebecca Henderson: Why Do Firms Have ‘Purpose’? The Firm’s Role as a Carrier of Identity and Reputation

 

 


★★★
Video: Ernst Fehr «The Economics of Culture & Strategy in Management»

Professor Ernst Fehr von der Universität Zürich zeigt beim Haufe Talent Management Gipfel auf Grundlage empirischer Studien, dass Produktivitätsunterschiede durch unterschiedliche Managementpraktiken erklärt werden können.

 

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