Warum männliche Recruiter eher auf absurde Fragestellungen während des Jobinterviews zurückgreifen

Absurde Störfragen und Denksportaufgaben beim Job-Interviews sind vor allem bei männlichen Interviewern beliebt. Sie sollen Bewerber in die Enge treiben und ihre Reaktionsfähigkeit testen. Es gibt allerdings keine Evidenz für ihre Wirksamkeit.

Warum männliche Recruiter eher auf absurde Fragestellungen während des Jobinterviews zurückgreifen

Bewerbungsgesprächen können sehr unterschiedlich ablaufen. Je strukturierter ihr Design, desto eher wird der/die passende Kandidat/in gewählt, wie zahlreiche Studien nachgewiesen haben. Viele Recruiter verlassen sich aber nach wie vor auf ihr Gefühl. Je nach Persönlichkeitsausprägung versuchen manche, mit teils absurden Störfragen und Denkaufgaben den Bewerber in die Enge zu treiben und dessen Reaktion zu testen.

„Wie viele Fenster gibt es Ihrer Meinung nach in New York?“, „Grönland und Australien – welche haben die grössere Fläche?“. Fragen wie diese erzeugen Stress beim Gegenüber, und ihre Validität ist fraglich. Was bewegt den Interviewer überhaupt, solche Fragen zu stellen? Die dahinterstehenden „Dark Motives“ sowie den Einsatz von Denksportaufgaben im Recruiting wurde nun von einer Gruppe US-amerikanischer Wissenschaftler untersucht.

Eine multiple Regressionsanalyse, die sich auf Interviewerfahrung und Geschlecht bezieht, zeigte, dass der Grad einer narzisstischen und sadistischen Persönlichkeitsausprägung die Wahrscheinlichkeit erklärt, in einem Interview auf Denksportaufgaben zurückzugreifen. Eine nachfolgende Bifaktor-Analyse wies nach, dass hinter diesen „dunklen Motiven“ ein allgemeingültiger Faktor der Gefühlslosigkeit steckt – eine gewisse Gleichgültigkeit und der Mangel an Einfühlungsvermögen führen also zu missbräuchlichem Verhalten im Einstellungsgespräch.

Härterer Bewerbungsprozess für Tech-Berufe

Die Ergebnisse zeigten auch, dass männliche Recruiter eher auf Denksportaufgaben zurückgreifen, da sie – durchschnittlich gesehen – kaltschnäuziger vorgehen. Daher fallen die Interviews für technisch und damit männlich dominierte Berufe meist brutaler aus.

Laszlo Bock, Senior Vice President der People Operations bei Google, umschrieb das 2013 so:

Auf der Arbeitgeberseite haben wir festgestellt, dass Denksportaufgaben eine völlige Zeitverschwendung sind … Sie sagen nichts voraus. Sie dienen vor allem dazu, den Interviewer sich gut fühlen zu lassen.

Um einen fairen Bewerbungsprozess zu gewährleisten und eine Organisation mit wirklich passendem Personal zu versorgen, empfehlen die Autoren, den Einsatz von diffusen Fragestellungen zu drosseln und die Arbeitsweise ihrer Recruiter nicht aus den Augen zu verlieren:

Employers might also consider limiting individual latitude in interview questioning, training interviewers on the potential impact of brainteaser questions, and establishing an organisational culture that discourages insensitive behaviour toward applicants. Based on the results presented here, it appears that callous interviewers who lack perspective taking ability will be more likely to use inappropriate or offensive hiring tactics.

Quelle: Scott Highhouse et al., Dark Motives and Elective Use of Brainteaser Interview Questions, lsu.edu