Grossbritannien: Verhaltensökonomische Ansätze bei der Regulierung von Glücksspielwerbung

Die Spielschulden in Grossbritannien steigen, unter anderem auch, weil potenzielle Spieler die komplizierte Wetten-Werbung nicht durchschauen und ihre Chancen systematisch überschätzen. Ein Experiment zeigt die Gründe und plädiert für stärkere staatliche Interventionen.

Grossbritannien: Verhaltensökonomische Ansätze bei der Regulierung von Glücksspielwerbung

Werbung für Spielwetten ist in Grossbritannien allgegenwärtig. Eine Tatsache, die zu heftigen öffentlichen Debatten führt, schliesslich sind nicht nur Kinder und Jugendliche der Werbung ausgesetzt, sondern es wird auch die Sucht von Spielern immer stärker befeuert, was letztlich negative Konsequenzen auf Vermögen und Gesundheit hat.

Die Regierung wurde unter anderem aufgefordert, den Maximaleinsatz bei Wettautomaten von £100 auf £2 pro Runde zu minimieren. Ein Einschreiten von öffentlicher Seite scheint hoch an der Zeit, denn das Spielen um Geld geht mit enormen Kosten einher: Pro Jahr verliert jeder Brite im Durchschnitt £310 beim Glücksspiel.

Eine Studie untersuchte jene psychologischen Faktoren, die Konsumenten die Kosten für komplizierte Spiele mit hohen Einsätzen unterschätzen lassen. Denn:

Only educated and informed consumers, who fully understand the relevant risks of different gambling products, can gamble responsibly.

Für die Untersuchung wurden experimentelle und Beobachtungsdaten kombiniert. Es zeigte sich, dass die Bewerbung der im Fernsehen übertragenen Englischen Premier League zu unverständlich, weil kompliziert war. Komplexe Wetten wurden aber gleichzeitig mit hohen Einsätzen assoziiert.

“Chelsea to win 2-1, 10-to-1”

Ein fünfteiliges Experiment konzentrierte sich zusätzlich auf das Vernunftsgebahren von 1467 Studien-Teilnehmern. Das Resultat: Komplexe “Live-odds” TV-Wettwerbung á la “Wayne Rooney to score the first goal, 5-to-1” oder “Chelsea to win 2-1, 10-to-1” waren stärker Bias-behaftet als Werbung für simplere Wetten. Es fiel den Fussball-Fans ungleich schwerer, Wahrscheinlichkeiten für Spielergebnisse einzuschätzen:

Soccer fans rarely formed rational probability judgments for the complex events dominating gambling advertising, but were much better at estimating simple events.

Die Autoren stellen fest, dass sich in Grossbritannien die Werbung für Sportwetten vor allem auf komplexe Produkte konzentriert, jene, die Verbraucher am ehesten in die Irre leiten. Ein Resultat, das der öffentlichen Diskussion auf der britischen Insel vielleicht eine neue Richtung geben könnte.

Die Undurchsichtigkeit von Sportwetten-Werbung ist ökonomisch relevant, sorgt sich doch für wachsende Margen bei den Buchmacher und mehr und mehr Schulden bei den überoptimistischen Spielern. Konsumenten brauchen, das zeigen die Untersuchungsergebnisse, Hilfe von öffentlicher Seite, um die komplexen Einzelheiten der britischen Bewerbung von Sportevents zu verstehen.

Quelle: PhilipW. S. Newall, Behavioral complexity of British gambling advertising, www.tandfonline.com, 5. Feb. 2017