Hybride Arbeitsmodelle – gekommen, um zu bleiben

Clash von Managementbeliefs: Noch immer haben viele Führungskräfte grosse Vorbehalte gegenüber hybriden Arbeitsmodellen. Aber wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass diese unbegründet sind – eine Serie in drei Teilen.

Hybride Arbeitsmodelle – gekommen, um zu bleiben

Am 11. Januar 2020 luden chinesische Forscher die Gensequenz eines damals unbekannten Virus ins Internet hoch – ein Schritt, der die Welt verändern sollte. Nur fünf Tage später legte Christian Drosten von der Berliner Charité ein Protokoll vor, das erstmals den Nachweis des Virus, heute bekannt als SARS-CoV-2, ermöglichte. Was als wissenschaftliche Entdeckung begann, eskalierte schnell: Bis März 2020 führte die rasante Ausbreitung der Pandemie zu einem globalen Schockmoment. Mit Lockdowns kam das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zu erliegen und Millionen Menschen wurden ins Homeoffice versetzt.

Kurz nach dem Ende des ersten mehrwöchigen Corona-Lockdowns beauftragte eine international agierende Bank die Beratungsfirma FehrAdvice & Partners AG, die Wirksamkeit von Home-Office-Modellen bei mehr als 4000 Mitarbeitern zu evaluieren. Wissenschaftliche Indizien deuteten bereits darauf hin, dass die Corona-Krise noch lange nicht vorbei, sondern gerade erst im Anfangsstadium war. Überraschenderweise stellten viele Unternehmen fest, dass die Umstellung auf Homeoffice reibungslos funktionierte. Technologien für Video-Konferenzen wie Zoom, Teams und Google, die schon seit längerem existierten, aber bisher nur sporadisch genutzt wurden, erwiesen sich als effektiv. Diese unerwartete Umstellung verwandelte die Arbeitswelt über Nacht in ein natürliches Feldexperiment und leitete einen grundlegenden Wandel in der Wirtschaft ein.

Homeoffice-Mythos: Geringere Effektivität

Das Management der international tätigen Bank stand vor einer wesentlichen Frage: Wie effektiv ist Homeoffice tatsächlich? FehrAdvice & Partners AG nahm sich der Herausforderung an, relevante Daten zu sammeln und auf der Basis von Evidenz neue Arbeitsmodelle zu entwickeln. In unserer täglichen Beratungsarbeit ergab sich für uns die spannende Möglichkeit, an diesem praxisorientierten Experiment mitzuwirken und unsere Fachkenntnisse einzubringen.

Bei Interviews mit Führungskräften der Bank erkannten wir, wie entscheidend die letzten fünf Monate für die Überwindung von Vorurteilen waren. Von 54 festgestellten Glaubenssätzen der Top-Executives waren 50 negativ geprägt. Beispiele dafür waren Annahmen wie geringere Produktivität im Homeoffice, Verlust der Unternehmensbindung oder eingeschränkte soziale Interaktionen. Häufig hörten wir auch, dass innovative Ideen oft spontan beim Kaffeeplausch entstehen würden und das nun entfalle. Darüber hinaus vermissten viele Führungskräfte auch den direkten Kontakt zu ihren Teams und fühlten sich in der neuen Arbeitsumgebung isoliert.

Ein Wendepunkt: Die Studie von Bloom und Van Reenen 

Den skeptischen Ansichten des Top-Managements der Bank zum Homeoffice stand eine wegweisende Studie von Nicholas Bloom, Professor an der Stanford University, und John Van Reenen, heute Professor am MIT, aus dem Jahr 2014 gegenüber. Diese war bis dahin eine der wenigen datenbasierten Untersuchungen zum Homeoffice, die Ursache und Wirkung beleuchteten. Die Studie „Does Working From Home Work? Evidence From a Chinese Experiment“ von Professor Bloom und seinen Kollegen lieferte aufschlussreiche Erkenntnisse.

In einem strukturierten Experiment mit 255 Callcenter-Mitarbeitern eines chinesischen Unternehmens zeigte sich eine 13-prozentige Steigerung der Arbeitsleistung im Homeoffice. Nach dem neunmonatigen Versuch kehrte zudem fast die Hälfte der Teilnehmer ins Büro zurück, während rund 35 Prozent der Büroangestellten das Homeoffice bevorzugten. Diese Ergebnisse hoben nicht nur die Vielfalt der Arbeitspräferenzen hervor, sondern auch die Wichtigkeit der Wahlmöglichkeit zwischen Büro- und Heimarbeit. Sie deuteten zudem darauf hin, dass die in unseren Interviews identifizierten Management-Überzeugungen möglicherweise stark verzerrt oder sogar grundlegend fehlerhaft waren.

Die Datendichte ist nach der Pandemie noch grösser

In den vergangenen Jahren hat Nicholas Bloom sein umfassendes Forschungsprojekt zum Thema ‘Arbeiten von Zuhause’ weitergeführt. Die Pandemie lieferte dabei aussergewöhnliche Einblicke und eine Vielzahl an Daten. Monatlich erhielten wir Updates von Bloom, die wir mit unseren eigenen Feldexperiment-Ergebnissen vergleichen konnten – eine unschätzbar wertvolle Ressource. 

Im nächsten Blog-Beitrag gehen wir darauf ein, wie das Feldexperiment durchgeführt wurde, welche Erkenntnisse wir gewannen und warum evidenzbasierte Daten allein oft nicht ausreichen, um tief verwurzelte Überzeugungen zu ändern: Zum Artikel geht es hier.

Diskutieren Sie mit Nicholas Bloom am 12. Dezember

Verpassen Sie nicht diese Gelegenheit! Nicholas Bloom, der renommierte Professor an der Stanford University, ist am 12. Dezember um 18:30 Uhr unser Gast bei der Digital Academy of Behavioral Economics. Er wird seine neuesten Erkenntnisse zu innovativen Arbeitsmodellen vorstellen und einen spannenden Ausblick auf die Entwicklungen in den kommenden Jahren geben. Registrieren Sie sich jetzt kostenlos für den Zoom-Vortrag und die anschliessende Diskussion, und erleben Sie die faszinierende Welt der Verhaltensökonomie hautnah!

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