Experimentability in der Politik: Wo es angewendet wird, wo es hilft – und wo noch Nachholbedarf besteht

In den vergangenen zehn Jahren sind die Erkenntnisse der Behavioral Economics in der Politik angekommen. Und damit die Einsicht, dass Experimente für den Erfolg vieler Massnahmen unumgänglich sind.

Experimentability in der Politik: Wo es angewendet wird, wo es hilft – und wo noch Nachholbedarf besteht

Ein Paper des irischen Economic und Social Research Instituts ESRI verschafft einen Überblick der verschiedenen Experimentability-Ansätze in der Politik und teilt diese in drei Kategorien ein. Am häufigsten wird mit Feldversuchen – meistens randomisierte kontrollierte Studien – gearbeitet. Vor allem das britische Behavioural Insights Team beweist immer wieder, wie wertvoll auf diese Weise gewonnenen Einsichten für den allgemeinpolitischen Einsatz sind:

The Behavioural Insights Team has been instrumental in illustrating the value of field RCTs to test different forms of communication that can inform best practice for existing policies in guiding consumer behaviour and better decision making. The research carried out by the Energy Demand Research Project successfully used field trials to pre-test the effectiveness of smart meters on reducing energy consumption across the UK.

Kontrollierte Laborexperimente sind ebenfalls im Kommen, um politische Tools auszutesten. Aber auch Triangulation, also die Kombination traditioneller Analysemethoden mit Online-, Labor- und Feldexperimenten, wird immer gebräuchlicher.

Wo noch ein Ungleichgewicht besteht, ist der richtige Zeitpunkt für den Beginn der Experimentierphase. Zu spät werden die entsprechenden Instrumente eingesetzt, bemängeln die Autoren. Studien, die bestimmte politische Fragen vor der Umsetzung prüfen, sind – noch – in der Minderheit.

Experimente abseits von Kaufentscheidungsprozessen

Der Grossteil der politischen Verhaltensforschung konzentriert sich auf Kaufentscheidungsprozesse von Konsumenten. Dies ist angesichts der wirtschaftlichen Entscheidungsgrundlagen und der Fortschritte, die bei verhaltensökonomischen Anwendungen im Bereich finanzieller Entscheidungen erzielt wurden, naheliegend. Es könnte aber durchaus noch mehr gewagt werden:

Given that many of the serious challenges faced by our communities, our countries and our planet are linked to specific forms of human behaviour, we have the potential to use behavioural insights to help find solutions in areas of pressing concern. These include over- and under-nutrition, physical activity, housing, education, inequality, parenting, medical services and the environment.

Quelle: PETE LUNN AND DEIRDRE ROBERTSON, USING BEHAVIOURAL EXPERIMENTS TO PRE-TEST POLICY, esri.ie, July 2018