Verhaltensökonomische Instrumente: Jeder Anwendungsfall ist anders – und braucht seine eigenen Experimente

Verhaltensökonomische Interventionen, die in einem Fall hervorragend funktionieren, bedeuten nicht automatisch einen Erfolg in einem anderen. Zwei britische Forscher plädieren für gründliche Experimente, um ein massgeschneidertes Massnahmen-Paket designen zu können.

Verhaltensökonomische Instrumente: Jeder Anwendungsfall ist anders – und braucht seine eigenen Experimente

Ob politische Massnahmen, die auf das Verhalten der Öffentlichkeit abzielen, funktionieren, kann getestet werden. Was aber, wenn das Ergebnis kaum relevant bis negativ ist? Die Empfehlung der beiden Verhaltensökonomen Toby Blume und Peter John lautet: Weiter testen!

Erst wenn neue Ansätze getestet, bewertet und nicht erwartete Ergebnisse auch akzeptiert werden, ergibt es Sinn, dass die erzielte Evidenz zur Grundlage neuer politischer Massnahmen wird.

Zu dieser Einsicht gelangten die beiden Wissenschaftler mit Hilfe einer Untersuchung. In der ersten Runde wurden zwei Methoden getestet, um die Zahlungsmoral betreffend der Gemeindesteuer einer britischen Kommune zu erhöhen. Ein vereinfachtes Steuerformular erhöhte die Zahlungen, wie erwartet, signifikant (plus 4 Prozentpunkte).

Die Mitteilung, dass die grosse Mehrheit ihre Steuerpflicht ernst nimmt, sollte der Erwartung nach ebenfalls die noch Säumigen aufrütteln, ihre Fiskalschulden zu zahlen. Aber siehe da, das Adressieren der sozialen Norm brachte im konkreten Fall gar nichts.

Erwartungen bedeuten meist gar nichts

Die erstaunten Forscher probierten es in der kommenden Phase anders:

Puzzled that the social norms did not work, the following year we randomly assigned households due to pay their council tax in cash (having removed those who pay electronically from our sample as these households generally paid their tax on time) to a social norm group (our intervention) and a control group. In total 28,876 residents were assigned to the social norm group and 28,877 to the control.

Es zeigte sich in diesem Fall, dass das Betonen der sozialen Norm die Probanden sogar eher davon abhielt, ihre Steuer rechtzeitig zu zahlen. Aufgrund dieses zweistufigen Tests entschied sich die Kommune, ausschliesslich mit den vereinfachten Steuerformularen zu arbeiten und auf das Propagieren der sozialen Norm ganz zu verzichten – auch wenn Letzteres in anderen Gemeinden ganz wunderbar funktioniert hatte.

Blume und John raten im Falle verhaltensökonomischer Interventionen im öffentlichen Bereich, alle geplanten Massnahmen gründlich zu testen, auch wenn sie woanders schon hervorragend funktioniert haben:

Our advice: consider existing evidence as a starting point, rather than an endpoint. Only by trying things out for yourselves can you be confident that what you are doing is working—or not.

Quelle: Toby Blume, Peter John, When Expectations Fail, Keep Testing, behavioralscientist.org, July 18, 2018