Nudging wirkt – aber wirkt es wirklich so wie wahrgenommen?

Je versteckter Nudges implementiert werden, desto schwieriger ist es ihre tatsächliche Wirkung zu messen, so eine aktuelle Studie. Das kann zu verzerrter Bewertung bei regulatorischen Massnahmen führen.

Nudging wirkt – aber wirkt es wirklich so wie wahrgenommen?

Eine weitere Studie über die Wirksamkeit von Nudges ist erschienen. Dieses Mal steht ihre Wirkungsmessbarkeit im Mittelpunkt. Schon der US-Ökonom Edward Glaeser kritisierte, dass die Überprüfbarkeit des “sanften” Paternalismus viel schwieriger ist, als wenn mit klassischen politischen Mitteln gearbeitet wird, also Bussen und Gesetzen.

Als Befürworter des “Soft Paternalism” weiss auch Cass Sunstein, dass harte Massnahmen in der öffentlichen Wahrnehmung deutlicher zu spüren sind als Nudging, das sehr subtil auftritt. Aber:

In response to this challenge, proponents of nudging argue that invisibility for any given individual in a particular choice environment is compatible with “careful public scrutiny” of the nudge.

Das neue Paper bringt nun erstmals experimentelle Evidenz für die Wahrnehmung von Nudging in der Öffentlichkeit.

Trend: Nudging statt Gesetze

Sunsteins Argument, ausreichend Publicity könne dafür sorgen, dass Nudging adäquat von der Gesellschaft geschätzt werde, konnte nicht bestätigt werden. Im Gegenteil: Die Teilnehmer der Experimente schoben schoben öffentlichen Stellen eher die Schuld für verfehltes Nudging in die Schuhe als für ungeliebte Gesetze.

Ein Grund dafür könnte der Trend sein, das menschliche Verhalten mittels Nudging statt mit Hilfe von Gesetzen zu ändern. Dadurch entstehe wiederum Unmut auf Seiten der Bevölkerung gegenüber diesem “sanften Paternalismus” – und damit kann der ursprüngliche Ansatz sogar ad absurdum geführt werden. Dazu kommt, dass Nudges oft versteckt daher kommen. Menschen können daher oft nicht klar erkennen, wer dahinter steckt. Somit wird es auch schwieriger an der Urne zum Ausdruck zu bringen, wenn man mit einem Nudge nicht einverstanden ist:

 

The results here suggest that individuals underblame regulators for failed nudges. Taking the level of blame issued by individuals for failed laws as the baseline, one sees that officials can escape blame by regulating via nudge. As a result, when voters seek to ‘‘sanction’’ officials, they will undersanction certain officials. On the traditional model, sanctioning via voting is the mechanism by which individual preferences are conveyed to leaders. Thus, undersanctioning impedes the flow of preferences from individuals to leaders, and ultimately reduces the ability of officials to allocate resources to the right places.

Quelle: Adam Hill, Why Nudges Coerce: Experimental Evidence on the Architecture of Regulation, Sci Eng Ethics, July 4th, 2017