Höhepunkte der Digital Academy of Behavioral Economics 2023

Eine Rückblende auf bereichernde Gespräche mit führenden Experten der Verhaltensökonomie. Über 600 Gäste nutzten die Chance, den Live-Diskussionen beizuwohnen und sich inspirieren zu lassen.

2023 war ein aufregendes Jahr für die Digital Academy of Behavioral Economics. Es war eine Serie inspirierender Vorträge und Diskussionen. Mit über 600 Teilnehmern bei unseren Live-Events haben wir eindrucksvoll bewiesen, dass die Verbindung von Wissenschaft und Praxis auf grosses Interesse stösst. In diesem Beitrag möchte ich einen Blick zurück auf die spannendsten Momente und Erkenntnisse des vergangenen Jahres werfen und auch einen kleinen Ausblick auf das gaben, womit wir 2024 starten werden. Begleiten Sie mich auf eine Reise zurück in die Welt der Verhaltensökonomie, geprägt von Innovationen und Inspirationen.

Daron Acemoglu warnt vor blindem Technologieoptimismus

Im März 2023 erlebten wir an der Digital Academy of Behavioral Economics ein besonderes Highlight: Eine exklusive Diskussion mit Daron Acemoglu, einem renommierten Verhaltensökonom und Bestseller-Autor, bekannt durch Werke wie “Why Nations Fail” und “The Narrow Corridor”. Acemoglu, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), teilte seine Erkenntnisse aus seinem neuesten Buch “Power and Progress. Our 1000-Year Struggle Over Technology & Prosperity”, das er zusammen mit Simon Johnson, dem ehemaligen Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, verfasste. In der Diskussion beleuchtete er die komplexen Wechselwirkungen zwischen Technologie und Gesellschaft. Er argumentierte, dass technologischer Fortschritt historisch betrachtet, nicht immer allen Gesellschaftsschichten Vorteile brachte, sondern häufig zu wirtschaftlicher, politischer und sozialer Ungleichheit führte. Wichtig war für Acemoglu die Rolle der Fairness und der staatlichen Regulierung, um durch Innovationen einen Wohlstand für alle zu erreichen. Sein Vortrag warf auch ein kritisches Licht auf die Risiken der Künstlichen Intelligenz und wie Technologiemissbrauch die Demokratie gefährden kann. Acemoglus Perspektive, dass es an uns als Gesellschaft liegt, Technologien zum Wohl aller zu gestalten, bot tiefgreifende Einblicke in unsere Verantwortung im Umgang mit technologischem Fortschritt. Das Thema wurde auch von renommierten deutschsprachigen Medien wie der „Neue Züricher Zeitung“, „Der Standard“ oder auch der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Wissenschaft und Praxis müssen näher zueinander rücken

Die zweite Digital Academy of Behavioral Economics von FehrAdvice & Partners AG im April 2023 war ein herausragendes Ereignis, bei dem wir die Gelegenheit hatten, Nina Mažar, eine angesehene Verhaltensökonomin und Professorin an der Questrom School of Business der Boston University, zu begrüssen. Sie stellte ihr neuestes Buch „Behavioral Science in the Wild” vor und eröffnete eine Diskussion über die Möglichkeiten und Herausforderungen der Verhaltensökonomie. Die Teilnahme von namhaften Experten wie Professorin Lucia A. Reisch und Ernst Fehr bereicherte die Veranstaltung zusätzlich. Professorin Mažar beleuchtete insbesondere die Schwierigkeiten, wissenschaftliche Erkenntnisse praktisch umzusetzen. Sie betonte die Notwendigkeit, Interventionen spezifisch und in enger Zusammenarbeit mit Praktikern zu entwickeln, und wies auf die Bedeutung von Kontext und Insiderwissen in Organisationen hin, um erfolgreiche Verhaltensänderungen zu erzielen. Ein zentrales Fazit der Diskussion war die Bedeutung von Brückenbauern zwischen Wissenschaft und Praxis, um die Verhaltensökonomie optimal zu nutzen und unerwünschte Ergebnisse zu vermeiden. Auch diese Veranstaltung fand ihren Niederschlag in der österreichischen Tageszeitung “Die Presse”.

Überkomplexität als Wachstumsbremse

Am 2. November 2023 hatten wir den renommierten Rechts- und Verhaltensökonomen Cass Sunstein an der Digital Academy of Behavioral Economics zu Gast. Sunstein, bekannt für seine Forschungen zum Thema “Nudging” und seine Rolle in der Obama-Administration, thematisierte das Konzept des “Sludge”. Er definiert Sludge als bürokratische Hindernisse und Überkomplexität, die individuelle Ziele erschweren und somit die Autonomie und den sozialen Wohlstand beeinträchtigen. Das Konzept, das in vielen Bereichen von der Wirtschaft bis zur Politik Anwendung findet, zeigt, wie übermässige Komplexität oder unklare Anforderungen Entscheidungsprozesse behindern. Sunstein unterstrich die Bedeutung einer ausgewogenen Regulierung und einer starken Zivilgesellschaft, um Sludge effektiv zu bekämpfen, ohne dabei den notwendigen Schutz zu verlieren. Die Diskussion hob hervor, wie durchdachte Regulierungen und gute Managementpraktiken dazu beitragen können, Sludge zu reduzieren, die Innovation fördern und somit zu einem gesunden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld beitragen. Ein Beitrag zum Gespräch mit Cass erschient auch im „Der Standard“.

Selbstoptimierung auf wissenschaftlicher Basis 

Am 16. November 2023 führte Katherine Milkman, eine renommierte Professorin der Wharton School, in einem Vortrag durch die Kernthemen ihres Buches “How To Change”. Sie erörterte ausführlich, wie gezielte Strategien wie “Temptation Bundling” und “Commitment Devices” dazu beitragen können, Trägheit und Impulsivität zu überwinden. Milkman betonte die Wichtigkeit von guten Gewohnheiten und sozialen Einflüssen für den Erfolg. Zudem zeigte sie auf, wie das Geben von Ratschlägen das Selbstvertrauen steigern kann. Ihr Haupttipp war, Schwächen individuell anzugehen, sei es Trägheit, Impulsivität oder schlechte Gewohnheiten. Ihr Vortrag bot umfassende Einblicke in die Praxis der Selbstverbesserung und Zielerreichung.

Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben

Im Dezember hatten wir Nick Bloom, Professor an der US-Universität Stanford, als unseren letzten Gast. Seit 2004 beschäftigt er sich intensiv mit Arbeitsformen ausserhalb traditioneller Büros. Bloom betonte, dass Homeoffice seit der Pandemie die neue Normalität ist, mit einer Verfünffachung im Vergleich zur Zeit davor. Es wird vor allem von Tech- und IT-Mitarbeitern genutzt, während Branchen wie Einzelhandel, Gastronomie und Logistik weniger davon profitieren. Homeoffice ist besonders effektiv, wenn es als Ergänzung zur Büroarbeit angeboten wird (hybrides Arbeiten), da Unternehmen Kosten sparen und Mitarbeiter Flexibilität und mehr Zeit für ihre Familie schätzen. Es kann auch dazu beitragen, seltene Fachkräfte anzuziehen und den Verkehr zu reduzieren. Allerdings gibt es auch Verlierer, wie Grundstückseigentümer und Geschäfte in Innenstädten. Homeoffice ist bei Personen mittleren Einkommens beliebt, während junge Berufseinsteiger es weniger nutzen, was zu unerwarteten Freizeitaktivitäten führen kann, wie einem Anstieg der Golfplatzbesucher um 52 Prozent in den USA. Die Thesen die von Nick diskutiert funden fanden auch ihren Niederschlag in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.

Ausblick 2024

Mein Team und ich möchten uns herzlichst bei all unseren Teilnehmern:innen und Redner:innen für ein inspirierendes Jahr 2023 bedanken. Die lebhaften Diskussionen und die leidenschaftliche Hingabe für die Verhaltensökonomie haben nicht nur unser Verständnis vertieft, sondern auch neue Horizonte eröffnet.

Ihre anhaltende Unterstützung und Engagement sind für uns eine enorme Motivation, auch im kommenden Jahr spannende und bereichernde Veranstaltungen zu organisieren. Wir freuen uns bereits darauf, das neue Jahr 2024 mit einer herausragenden Veranstaltung am 28. Februar 2028 mit Stefanie Stantcheva, Nathaniel Ropes Professor of Political Economy an der Harvard University, zu beginnen. Mit ihr spreche ich zum Thema “Fighting Climate Change: International Attitudes Toward Climate”

Lassen Sie uns gemeinsam die Verbindung zwischen Theorie und Praxis weiter stärken und die Verhaltensökonomie als Werkzeug für eine bessere Zukunft nutzen.

Frohe Festtage und einen gelungenen Start ins neue Jahr!

Gerhard Fehr