Michael Schrage: “Experimentieren ist keine Frage des Geldes”

Der Wert der Erkenntnisse, die das Management aus Experimenten ziehen kann, übersteige immer die Kosten des Experiments, so der Verhaltensökonom bei der Academy of Behavioral Economics 2019.

Michael Schrage: "Experimentieren ist keine Frage des Geldes"

„Der kostengünstigste, schnellste und sicherste Weg, um die Vorteile von Verhaltensökonomie für sich zu nutzen, ist es, zu experimentieren“, sagt Michael Schrage, Research Fellow am MIT Center for Digital Business gegenüber FehrAdvice & Partners. Dabei gehe es anders als in der Wissenschaft nicht darum, der letztgültigen Wahrheit auf den Grund zu gehen, sondern mit möglichst überschaubarem finanziellen Risiko wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen.

Schrage bringt das Beispiel der Firma „Blockbuster“ und schildert hier eindrücklich, was es für ein Unternehmen bedeutet, wenn man nicht bereit ist, Experimente zuzulassen: die einst grösste Videoverleihkette der Welt hatte Schrage eingeladen, um sie bei der Lösung eines Problems zu unterstützen. Ihr machte ein kleiner, ‚unbedeutender’ Konkurrent namens „Netflix“ zunehmend zu schaffen, der seinen Kunden – anders als der Marktführer – keine Verspätungsgebühren verrechnete.

Blockbuster hingegen verdiente damals allein mit den Gebühren für das zu späte Zurückbringen der DvDs um die 800 Millionen Dollar pro Jahr. „Alle Umfragen haben gezeigt, dass die Kunden mit allem zufrieden waren, nur nicht mit diesen Gebühren“, erzählt Schrage. Seine Idee war es nun, verhaltensökonomisches Grundwissen anzuwenden und die Kunden zu „nudgen“, also mit freundlichen Erinnerungsmails darauf hinzuweisen, dass zB. ihre DVDs am nächsten Tag fällig sein würden. Mittels eines in einigen Filialen durchgeführten Experiments sollte herausgefunden werden, ob die Kunden bereit wären, ihre Mailadressen herzugeben und ob die Erinnerungsmails tatsächlich dazu führen würden, dass das Ausgeliehene pünktlicher zurückgebracht werden würde. Und am wichtigsten dabei: Würde jemand die Rückgabe zukünftig vergessen, würde er die Schuld sich selbst und nicht dem Unternehmen zuschreiben.

„Experimentieren ist Frage der Unternehmenskultur“

Schrage schätzt, dass das Experiment nicht viel mehr als 50.000 Dollar gekostet hätte, also eine verhältnismässig lächerliche Summe für ein Unternehmen dieses Kalibers. Trotzdem wurde es vom Management rigoros abgelehnt. „Es war keine Bereitschaft da zu experimentieren und damit zu lernen“, so Schrage. Das Projekt ging baden.

Und nachdem auch Verhaltensökonomen nur Menschen sind, gibt Schrage zu, dass er durchaus einen Hauch von Schadenfreude empfunden habe, als „Blockbuster“ einige Zeit danach Konkurs angemeldet hat…

„Experimentieren ist also überhaupt keine Frage des Geldes, sondern ausschliesslich der Unternehmenskultur“, bringt es Schrage auf den Punkt. Mit gut designten Experimenten kann das Management – so es experimentierfreudig ist – unendlich viele Learnings gewinnen und „der Wert der gewonnenen Erkenntnisse wird die Kosten immer übersteigen.“

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Hören Sie hier Michael Schrage bei der diesjährigen Academy of Behavioral Economics zu den Themen „Verhaltensökonomie & Experimente“ referieren.

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