Untersuchung: Breiter gesellschaftlicher Konsens für mehr Fairness bei der Relation der Löhne

Unabhängig von Alter, Bildung, sozioökonomischem Status und politischer Zugehörigkeit zeigt sich eine klare Präferenz für geringere Einkommensunterschiede zwischen Führungskräften und Angestellten.

Untersuchung: Breiter gesellschaftlicher Konsens für mehr Fairness bei der Relation der Löhne
Flämischer Maler, Arm und Reich oder Krieg und Frieden, 17. Jhd, Öl auf Leinwand

Dass sich die Bezüge von CEOs und einfachen Angestellten merklich voneinander entscheiden, ist wohlbekannt. Peter Drucker, ein Vordenker der Management-Theorie, erachtete einst Verhältnis von 20:1 zwischen CEOs und dem durchschnittlichen US-Angestellten im Jahr 1965 als Obergrenze. Ein Überschreiten, so Drucker, könne nur zulasten der Mitarbeiterzufriedenheit und -moral gehen.

Aber inwieweit ist Arbeitnehmern überhaupt bewusst, um wieviel mehr das Top-Management Ihres Unternehmens verdient? Wissen sie, dass im Jahr 2012 amerikanische CEOs etwa schon das 354fache der Durchschnittslöhne ihrer einfachen Mitarbeiter verdienten?

Eine Untersuchung versuchte herauszufinden, wie das Bewusstsein in dieser Frage ausgeprägt ist – und welche Rückschlüsse auf fair empfundene Vergütung sich daraus ziehen lassen. Es wurden Daten von mehr als 50.000 Menschen aus 40 Nationen zusammen getragen, die befragt worden waren, wie viel ein CEO und ein einfacher Angestellter in unterschiedlichen Branchen verdienen sollten (Idealeinkommen) – und wie hoch das tatsächliche Lohnniveau einschätzen. Die Antworten wurden danach mit den realen Löhnen verglichen.

Konsens für weniger Ungleichheit

Die Ergebnisse zeigen eine unabhängig von Alter, Bildung, sozioökonomischer Status und politischer Einstellung einheitliche Überzeugung, dass der ideale Einkommensunterschied zwischen qualifizierten und unqualifizierten Arbeitskräften kleiner ausfallen sollte als das geschätzte, “wahre” Lohnniveau. An die realen Einkommensunterschiede kamen die Einschätzungen der Befragten kaum heran, und in 16 Ländern wird das tatsächliche Lohngefälle sogar dramatisch unterschätzt, so die Autoren Sorapop Kiatpongsan und Michael I. Norton von der Harvard Business School:

In the United States – where underestimation was particularly pronounced – the actual pay ratio of CEOs to unskilled workers (354:1) far exceeded the estimated ratio (30:1) which in turn far exceeded the ideal ratio (7:1). In sum, respondents underestimate actual pay gaps, and their ideal pay gaps are even further from reality than those underestimates.

Für die Autoren ist damit klar: Es gibt einen evidenten Konsens in allen Ländern, wie ein ideales Verhältnis von Vergütungen beschaffen sein könnte. Und dies liegt deutlich niedriger als es tatsächlich ist: “People all over the world, and from all walks of life, would prefer smaller pay gaps between the rich and poor.”

Hohe CEO-Gehälter verletzen soziale Normen

Hohe Ungleichheit zwischen CEO-Vergütungen und den Löhnen von Angestellten – das zeigen auch die Ergebnisse der Forschung von Katja Rost und Antoinette Weibel im Artikel “CEO Pay from a Social Norm Perspective: The Infringement and Reestablishment of Fairness Norms” – verletzen soziale Normen. Für Firmen bedeutet das, dass sie gut beraten sind, auch die öffentliche Meinung bei der Ausgestaltung der Vergütungsschemata ihres Managements zu berücksichtigen. Und die Politik wird nicht umhin kommen, das Thema ebenfalls auf die Agenda zu setzen.

Der mögliche Lösungsvorschlag, die eklatanten Unterschiede bei den Löhnen quasi per Gesetz zu minimieren, wird in vielen Ländern immer wieder diskutiert. Allerdings, so Kiatpongsan und Norton, müsse man bei Regulierungen klug vorgehen, um Fehlentwicklungen zu vermeiden:

We note that caps can come with risks: in the United States, Ben & Jerry’s implemented a 5 to 1 ratio for 16 years, but were forced to abandon the policy in 1995 when they were unable to find an executive willing to accept the cap.

Mit welcher Methodik die Vergütungsspezialisten von FehrAdvice & Partners ein nachhaltiges Vergütungssystem entwerfen, erklärt Alain Kamm, Head of Empirical Research bei FehrAdvice im Artikel Die grössten Herausforderungen bei der Anwendung eines relativen Leistungsindikators»

Quellen:

Michael I. Norton, How Much (More) Should CEOs Make? A Universal Desire for More Equal Pay, Harvard Business School

Katja Rost und Antoinette Weibel: CEO Pay from a Social Norm Perspective: The Infringement and Reestablishment of Fairness Norms (Präsentation der Ergebnisse)