Interview mit Ernst Fehr im Tages-Anzeiger: “Die Bonussysteme sind zu komplex”

Kann ein besonders hoher Bonus ungesund sein? Und wie sollte ein intelligentes Vergütungssystem ausgestaltet sein? In einem Interview im TagesAnzeiger widmet sich Prof. Ernst Fehr all diesen Fragen. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte des Gesprächs.

Ernst Fehr im Tages-Anzeiger über die geplante Begrenzung der Bankerlöhne in der EU durch ein fixes Verhältnis vom Grundgehalt zum Bonus:

“Es gibt intelligentere Regeln zur Festlegung der Gehälter. Die EU-Vorschrift wird kaum zu tieferen Gesamtlöhnen führen. Stattdessen dürften die tieferen Boni durch höhere Grundgehälter kompensiert werden. Die Regel ist ein Schuss nach hinten.”

… über eine Grenzziehung, die den Unterscheid zwischen hohen Gehältern, die durch mangelhafte Corporate Governance zustande kommen, und solchen, die aufgrund von Wettbewerbsprozessen sichtbar machen:

“Mein Vorschlag wäre, Firmen ex ante zu zwingen, die im Durchschnitt erwartete Gesamtkompensation – das heisst, die Summe aus Fixlohn und erwartetem Bonus – bekannt zu geben. Der Verwaltungsrat eines Unternehmens müsste also schon im Jahr 2013 hinstehen und ankündigen, wie hoch die Gesamtvergütung des Konzernchefs 2014 im Mittel sein wird. Ex post liessen sich die beiden Werte dann vergleichen. Das Unternehmen würde so öffentlich beziffern, welchen Wettbewerbslohn es für bestimmte Managerposten als gerechtfertigt ansieht. Im Schnitt müsste ein Manager dann auf den im Vorfeld bekannt gegebenen Gesamtlohn kommen. Wenn der Manager dann systematisch mehr verdient, dann hat der Verwaltungsrat offensichtlich ein fehlerhaftes Kompensations-system festgelegt.”

… über die Auswirkungen zu komplex gestalteter gestalteter Bonussysteme:

“Das Problem sind nicht Bonussysteme an sich, sondern schlecht gestaltete Systeme – solche, die manipulationsanfällig sind. Stellen Sie sich vor, man würde Lehrer nach den Noten ihrer Schüler bezahlen. Dann würden Lehrer einfach beginnen, nur noch gute Noten zu verteilen. […] Was ich damit sagen will, ist: Sie können mit einem schlechten Leistungsindikator sehr viel Schaden anrichten. Dass ein sorgfältig designtes Bonussystem die Eigenmotivation verdrängt, dafür gibt es in der Wissenschaft wenig Evidenz. […] Bonussysteme und Indikatoren richtig zu konzipieren ist eine Kunst. Gelingt es, so führt ein Bonus – nach allem, was wir in der Forschung wissen – zu mehr Leistung. Anreize wirken: Dieser Zusammenhang existiert.
[…]
Meiner Ansicht nach kann man mit einfachen, aber intelligenten Systemen schon sehr viel erreichen. Zentraler Bestandteil eines solchen Systems ist ein Indikator, der die Leistung eines Unternehmens im Vergleich zur Konkurrenz erfasst und so den Bonus des höheren Managements steuert.”

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