Mit Peer Pressure gegen den Klimawandel: Wenn der Nachbar eifrig Strom spart

Es ist evident, dass Verhaltensänderungen auf Personen im Umkreis abfärben, egal ob es um das Abschwören von Nikotin oder den Wechsel von Fossil- auf Solarenergie geht. Diese “Macht der Ansteckung” solle die Politik in Klima-Angelegenheiten stärker nutzen, fordert ein US-Ökonom.

Mit Peer Pressure gegen den Klimawandel: Wenn der Nachbar eifrig Strom spart

Die Klimakrise ist im öffentlichen Diskurs omnipräsent, und bisher dominiert vor allem Uneinigkeit, wie man ihr am besten beikommen könnte. Oder präziser formuliert: Strategien wie etwa das Aufforsten von Wäldern, fleischarme Diäten oder die Reduzierung fossiler Brennstoffe wurden durchkalkuliert und publiziert, aber an der Umsetzung scheitert es. Zum einen verweigern sich viele der Einsicht, dass ihr Umgang mit natürlichen Ressourcen die Klimaziele verhöhnt, zum anderen liegt es vor allem an jedem Einzelnen, sich auf eine klimaschonendere Lebensweise umzustellen.

Von einem gemeinsamen Kampf gegen das drohende Kippen unseres Klimas kann jedenfalls nicht die Rede sein. Während sich eine Extremfraktion monströse SUVs kauft und als Vielflieger ohne schlechtes Gewissen bezeichnet werden kann, ändert auch das breite Mittelfeld aus Verunsicherung noch zu wenig an ihrem Lebensstil.

Wenn es um die Veränderung der Lebensweise – und damit des Verhaltens – geht, sind die evidenten Erkenntnisse der verhaltensökonomischen Forschung immer ein guter Ansatz: Robert H. Frank, Ökonomieprofessor an der Cornell University, ist etwa davon überzeugt, dass sozialer Druck bei der Änderung unserer  Lebensweisen in eine nachhaltigere Richtung hilft.

War nicht noch vor einiger Zeit der Griff zur Zigarette in Lokalen und sogar im Flugzeug eine Selbstverständlichkeit? Mittlerweile sind Raucher eine schrumpfende Minderheit, da sich kaum mehr jemand findet, um an einer zugigen Ecke gemeinsam zu qualmen. In Zahlen gegossen: In den USA rauchten 1969 die Hälfte aller Männer und 30 Prozent der Frauen, heute sind es nur noch 15 Prozent. Gründe dafür sind die hohe US-Tabaksteuer und beinahe schon überall geltende Rauchverbote. Noch wichtiger war aber die Verhaltensänderung in der Umgebung:

One of the strongest predictors of whether someone will become a smoker is the smoking rate among his peers. With fewer people starting to smoke, Americans had fewer smoking peers, which reduced smoking rates still further. After carefully controlling for other factors, one study estimated that if the percentage of smokers among a teen’s close friends fell by 50 percent, the probability of her becoming (or remaining) a smoker would fall by about 25 percent.

Hinweis auf sparsame Nachbarn

Wie ist dieser ansteckende Effekt am besten zugunsten unserer Umwelt zu verstärken? Energieunternehmen können ihre Kunden darauf hinweisen, wie sparsam ihre Nachbarn mit Strom und Gas umgehen. Die Smart-Home-Geräte von Google Nest belohne energiesparendes Verhalten mit einem digitalen Blattsymbol und stellt öffentliche Vergleiche an, wie viele Blätter in nächster Umgebung vergeben wurden.

Umweltschonendes Verhalten ist also höchst ansteckend. Selbiges funktioniert auch, wenn das Essverhalten verändert oder auf umweltverträglichere Autos gewechselt wird, sobald mehr Strom-Ladestationen aufgestellt werden und vor dem Haus des Nachbarn ein Prius statt eines SUVs steht. Diese Erkenntnis muss sich die Politik im Kampf gegen die Klimakrise zunutze machen, so Robert H. Frank:

Behavioral contagion—as the phenomenon is known—can exacerbate bullying, cheating on taxes, and problem drinking, among other harmful behaviors. But people also become more likely to exercise and eat prudently when those behaviors become more widespread among peers. Given the power of contagion, it is astonishing that the question of how policy makers might harness this power has received so little serious attention.

Quelle: Robert H. Frank, Thy Neighbor’s Solar Panels, theatlantic.com, March 2020