Gerd Gigerenzer: Risikokompetenz und Intuition sind das Rezept für gute Entscheidungen

Wie kann man rationale Entscheidungen treffen, wenn Zeit und Information begrenzt sind und die Zukunft obendrein noch ungewiss ist? Eigentlich gar nicht. Darum empfiehlt der Psychologe Gerd Gigerenzer geschulte Intuition als bestmögliche Alternative.

Gerd Gigerenzer
Gerd Gigerenzer. Foto: stephan-roehl.de/Heinrich Böll Stiftung, Lizenz: CC BY-SA 2.0

In seinem Buch «Risiko. Wie man die richtigen Entscheidungen trifft» zitiert Gerd Gigerenzer einen Satz von Benjamin Franklin: «In dieser Welt ist nichts gewiss ausser dem Tod und den Steuern.» Damit ist zusammen gefasst, wofür sich Gigerenzer, Psychologe, Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und Direktor des Harding-Zentrum für Risikokompetenz, in seiner Forschung am wenigsten interessiert. Denn der Wissenschaftler, der am 29. Januar 2020 auch an der Academy of Behavioral Economics spricht, forscht vor allem zur Ungewissheit, in der wir Menschen unsere Leben verbringen – und wie wir es trotzdem schaffen, möglichst gute Entscheidungen zu treffen. Und dabei vor allem für die Frage, wie sich in den verschiedenen Lebensbereichen beherrschbare Risiken von unbeherrschbaren Unsicherheiten unterscheiden lassen.

Mit seiner Forschung zeigt Gigerenzer nicht nur, wie unmündig der moderne Mensch ist. Er weist ihm auch einen Weg, sich aus dem falschen Denken zu befreien. So prägte er etwa den Begriff «Risikointelligenz». Warum sie so wichtig ist, zeigt sich am besten an einem Beispiel: Nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001 stornierten in den USA viele Menschen ihre Flugreisen und stiegen aufs Auto um. Während Fliegen nach 9/11 wohl so sicher war wie nie zuvor, stieg die Unfallrate auf den amerikanischen Straßen bis Ende 2002 deutlich an – um rund 1600 Tote mehr als in den Vorjahren.

Aufgrund fehlender Kompetenz im Umgang mit Ungewissheiten handeln also viele Menschen irrational. Gigerenzer plädiert dafür, dass jeder lernen sollte, adäquat mit ihnen umzugehen. Der beste Weg im Umgang mit Ungewissheit seien etwa Intuition, Faustregeln und Checklisten. Diese «geschulte Intuition» erlaubt es, in komplexen Situationen gute Entscheidungen zu treffen – ohne viele Daten kennen zu müssen.

Dabei versteht Gigerenzer die Intuition immer als Ergänzung zu Fakten. Er stellte Kopf und Bauch auf eine Stufe und zeigte, dass Entscheidungen, die auf Intuition beruhen anstatt auf komplexer Analyse, nicht immer zweitklassig, sondern oft auch besser sein können.

Dieser Ansatz wird umso wichtiger, je komplexer die Welt wird – und je mehr Daten zur Verfügung stehen, die uns vorgaukeln, die Basis rationaler Entscheidungen zu bilden. Dieses Spannungsfeld wird auch Thema von Gigerenzers Vortrag an der Academy of Behavioral Economics 29. Januar 2020 sein.

 

Save the date: 29. Januar 2020 – Academy of Behavioral Economics 2020
Trust And Facts: Better Decisions in an Age of Growing Populism

Die Welt wird immer schneller, digitaler, komplexer und damit unsicherer. Gleichzeitig gibt es immer mehr Daten zu Verhalten, Entscheidungen und Einstellungen. Wie gehen wir damit um? Und wie können wir damit Antworten auf veränderte Kundenbedürfnisse, Klimawandel, eine alternde Gesellschaft und weitere grosse, gesellschaftliche Herausforderungen finden? Diesen Fragen stellt sich die Academy of Behavioral Economics 2020.

Bis zum 17. November können Sie sich noch zum Frühbucherpreis anmelden.

Jetzt anmelden