Der Hitzesommer 2023 mit Waldbränden und Rekordtemperaturen zeigt erneut den fortschreitenden Klimawandel. Ebenso wichtig ist es zu betonen, dass extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen nicht unbedingt ein direkter Beweis für den Klimawandel sind, denn Wetter ist nicht gleich Klima. Wetter beschreibt kurzfristige atmosphärische Zustände, während Klima den durchschnittlichen Zustand des Wetters über einen längeren Zeitraum (in der Regel 30 Jahre) beschreibt. Allerdings deuten wissenschaftliche Studien darauf hin, dass der Klimawandel die Häufigkeit und Intensität von extremen Wetterereignissen, einschliesslich Hitzewellen, erhöht. Während Hitzewellen und andere extreme Wetterereignisse auch ohne Klimawandel auftreten können, machen die Veränderungen des Klimas diese Ereignisse wahrscheinlicher und oft intensiver. In diesem Sinne können Hitzesommer sehr wohl als ein Indiz für die Klimakrise gesehen werden, insbesondere wenn sie Teil eines grösseren Musters von zunehmender Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen und anderen extremen Wetterereignissen sind. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass einzelne Wetterereignisse nicht direkt auf den Klimawandel zurückgeführt werden können, und dass die Beweise für den Klimawandel auf einer Vielzahl von Beobachtungen und Messungen beruhen, die über einen langen Zeitraum und auf globaler Ebene gesammelt werden. Zu diesem Zweck trafen sich 600 Wissenschaftler und Politiker im März 2023 in Interlaken in der Schweiz, um den Synthesebericht des Weltklimarates (IPCC) zu diskutieren.
Fazit: Unser Planet erwärmt sich weiter, hauptsächlich versursacht durch Treibhausgasemissionen. Die Experten prognostizieren mehr Hitzewellen, Starkregen, Dürren, einen steigenden Meeresspiegel, Artensterben und Flüchtlingsströme. Als Lösung werden weitergreifende klimapolitische Massnahmen vorgeschlagen. Kritiker könnten nun anmerken, dass strengere klimapolitische Massnahmen die Wirtschaft belasten und Arbeitsplätze gefährden könnten. Doch die Kosten für das Nichtstun sind ebenfalls enorm: In den letzten 40 Jahren betrugen die finanziellen Einbussen der EU-27-Staaten wegen extremer Wetter- und Klimaereignisse 487 Milliarden Euro. Darüber hinaus zeigen Untersuchungen, dass eine nachhaltige Wirtschaft langfristig nicht nur umweltfreundlich, sondern auch wirtschaftlich vorteilhaft sein kann, indem sie neue Arbeitsplätze schafft und die Wettbewerbsfähigkeit erhöht.
Aber politisch fehlt die breite Unterstützung für klimaschützende Massnahmen. So verläuft der Umstieg auf E-Autos schleppend, der CO2-Ausstoss der Industrienationen bleibt hoch und der nachhaltige wirtschaftliche Umbau geht zu langsam. Doch woran scheitert eine effiziente Klimapolitik, obwohl das Bedrohungsszenario für die gesamte Menschheit gross und offensichtlich ist?
Die Mehrheit weiss, dass der Klimawandel menschengemacht ist
Gemäss einer 2022 veröffentlichten OECD-Studie mit 40.000 Befragten aus 20 Ländern, die für 72 Prozent der globalen CO2-Emissionen (JRC 2018) verantwortlich sind, gibt es ein weitreichendes Verständnis der Bürger zum Klimawandel. Zwischen 60 und 90 Prozent anerkennen, dass menschliche Aktivitäten massgeblich zum Klimawandel beitragen und 75 bis 94 Prozent sind sich der dramatischen Folgen bewusst. Umgekehrt sind es weniger als ein Zehntel, die den Klimawandel leugnen. In Ländern mit hohem Einkommen sind sich zudem etwa die Hälfte der Teilnehmer bewusst, dass eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um die Hälfte nicht ausreicht, um die globale Erwärmung zu stoppen. Dieser Anteil liegt jedoch in Ländern mit mittlerem Einkommen bei weniger als einem Drittel.
Geringe Bereitschaft zur Annahme klimafreundlicher Verhaltensweisen
Trotz der gravierenden Auswirkungen des Klimawandels zeigen laut OECD-Studie nur etwa die Hälfte der Befragten die Bereitschaft, ihr Verhalten zu ändern und beispielsweise sparsamere Autos zu nutzen, auf Elektrofahrzeuge umzusteigen oder auf Flugreisen zu verzichten. Es ist interessant festzustellen, dass eine hohe Bereitschaft zur Veränderung nicht automatisch eine tatsächliche Verhaltensänderung nach sich zieht. Oft verharren Menschen, auch wenn sie bereit sind, sich zu ändern, im Status quo und behalten ihre Lebensweise bei, obwohl diese nicht mehr ihrer eigenen Wertewelt entspricht. Dies liegt an verschiedenen psychologischen Barrieren, wie der Bequemlichkeit, der Gewohnheit und der natürlichen Neigung, Veränderungen zu vermeiden. Auf der anderen Seite können sich die restlichen 50 Prozent der Befragten nicht einmal vorstellen, ihr Verhalten zu ändern. Diese Haltung kann auf Skepsis gegenüber der Wirksamkeit der Massnahmen, Befürchtungen hinsichtlich einer unfairen Verteilung der Lasten oder der Befürchtung eigener Nachteile zurückzuführen sein. In beiden Fällen können Nudges, also sanfte Anstupser, eine wichtige Rolle spielen. Durch die Voreinstellung umweltfreundlicher Optionen oder die Schaffung positiver Anreize für nachhaltiges Verhalten können Nudges dazu beitragen, diese psychologischen Barrieren zu überwinden, die Skepsis zu verringern und Menschen dazu ermutigen, ihre Gewohnheiten zu ändern und klimafreundlicher zu handeln. Schliesslich sind noch immer nur Wenige bereit, Autofahren sowie Heizung und Kühlung ihrer Häuser stark einzuschränken. Die Bereitschaft steigt jedoch, wenn finanzielle Unterstützung und ein Beitrag von wohlhabenden Menschen gewährleistet werden.
Das generelle Verbot von Verbrennungsmotoren ist sehr unbeliebt
Die Meinungen zur Unterstützung der Klimapolitik sind gemischt. Über 55 Prozent der Menschen in Ländern mit hohem Einkommen und sogar 65 Prozent in Ländern mit mittlerem Einkommen befürworten Subventionen für kohlenstoffarme Technologien und öffentliche Investitionen in grüne Technologien und Infrastruktur. Eine Mehrheit unterstützt auch die obligatorische und subventionierte Dämmung von Wohngebäuden sowie ein Verbot umweltschädlicher Fahrzeuge in Innenstädten und in dicht besiedelten Gebieten. Ein generelles Verbot von Verbrennungsmotoren findet jedoch keine Mehrheit, selbst wenn Alternativen vorhanden sind. CO2-Steuer und Steuern auf fossile Brennstoffe sind nicht populär, erhalten jedoch mehr Zustimmung, wenn die Einnahmen gerecht verwendet werden. Die OECD-Studie zeigt auch, dass Panikmache über den Klimawandel und ein verbessertes Verständnis dafür, welche Folgen der Klimawandel haben kann, noch keine Garanten dafür sind, dass die Menschen Klimapolitik aktiv unterstützen.
Die Politik muss umdenken
Eine effektive Klimapolitik hängt von drei entscheidenden Faktoren ab: Effektivität der Massnahmen, Verteilungsgerechtigkeit und Vermeidung finanzieller Nachteile für Haushalte. Um das zu erreichen, sollte man auf verhaltensökonomische Erkenntnisse und Experimente setzen. Es gibt Skeptiker, die bezweifeln, dass individuelle Verhaltensänderungen einen signifikanten Einfluss auf den Klimawandel haben können, insbesondere im Vergleich zu den Auswirkungen von Industrie und Grossunternehmen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Verhaltensänderungen auf individueller Ebene, wenn sie in ausreichend grossem Massstab stattfinden, durchaus einen erheblichen Einfluss haben können. Darüber hinaus können diese Änderungen grössere systemische Veränderungen anstossen und so einen wertvollen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten.
Fazit: Indem wir verhaltensökonomische Ansätze berücksichtigen, können wir eine Klimapolitik entwickeln, die auf wirksamen Massnahmen basiert, gerecht ist und breite Unterstützung findet. Durch die Integration von verhaltensökonomischen Ansätzen und Experimenten in die Klimapolitik können Regierungen, Organisationen und Unternehmen wirksamere Strategien entwickeln, um den Übergang zu einer nachhaltigeren Zukunft zu fördern. Es ist daher nicht nur wichtig, diese “motivierten Überzeugungen” zu hinterfragen, sondern auch, sie mit den richtigen Anreizen zu verändern. Wie Studien zeigen, kann eine nachhaltige Wirtschaft langfristig nicht nur umweltfreundlich sein, sondern auch neue Arbeitsplätze schaffen, die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und die Resilienz gegenüber zukünftigen Klimaschocks verbessern. Es geht darum, die Klimapolitik smart und menschenorientiert zu gestalten.