- Mythos „jung“. Das renommierte MIT hat in einer Untersuchung 2018 herausgefunden, dass die Gründer erfolgreicher Unternehmen über 40 Jahre alt sind. Die Überlebens-Wahrscheinlichkeit der Firma eines jungen Gründers sind gering. Sehr gering. Erfahrung zählt.
- Mythos „Männer“. Auch in der Schweiz gründen viel mehr Männer einen Startup als Frauen. Internationale Untersuchungen u.a. der BCG zeigen aber, dass von Frauen (mit-) gegründete Startups eine höhere Performance ausweisen und schneller wachsen. Diversity zahlt sich aus – dieser Fakt gilt offenbar nicht nur für Unternehmen, die schon länger im Markt sind und bleiben möchten.
Spannend ist in diesem Zusammenhang, dass vorhandenes Risikokapital (Venture Capital, VC) gerne genau in den Mythos junge Männer investiert und so nachweislich «Geld verbrennt» resp. eine unterdurchschnittliche Rendite erwirtschaftet. Diese ineffiziente Mittelallokation hängt wohl damit zusammen, dass der Frauenanteil in der VC-Szene sehr tief ist (Frauen würden besser investieren). Man kann aber die Kombination von Mythen noch toppen: Einer der bekanntesten VC’s, Peter Thiel, verlangt offenbar nebst einem Alter unter 23 Jahren auch noch, dass man von der Schule geflogen ist. Diesen Spass erlaubt er sich mit seinen Milliarden, die er mit dem Verkauf seiner PayPal-Aktien gemacht hat. Für alle anderen gilt: Investieren Sie in Erfahrung und Diversity. Denken Sie darüber nach, bevor Sie ein eigenes Startup gründen oder fragen Sie danach, wenn ihr Banker über solche «alternative Anlagen» sprechen möchte.
Zurück zur Eingangsfrage: Was kommt Ihnen spontan beim Wort „Startup“ in den Sinn?
Interessanterweise sind unsere Assoziationen meist nur mit positiven Begriffen verknüpft. „Mutig“, „kreativ“, „smart“, „innovativ“. «Agil» ist auch so ein Zauberwort. Warum nicht „schlechte Entscheidungen“, „naiv“ oder „unerfahren“ und „sich massiv selbstüberschätzend“? Vielleicht hängt das damit zusammen, dass jeder von uns als Kind schon gerne ein kleiner Erfinder war? Rein statistisch gesehen wären die negativen Begriffe naheliegender.
Egal welche Statistik man bemüht, die Zahlen sind ernüchternd: In den ersten drei bis fünf Jahren nach Gründung sind weit über die Hälfte der Startups wieder weg.Bei der Gründung ist der Entscheid, «es zu tun» noch nachvollziehbar – schliesslich hat man die Idee, welche die Welt verändern wird. Interessant ist aber, dass diese Fehleinschätzung bezüglich Erfolg und Überleben anhält: Befragt man die Startups über den aktuellen Geschäftsgang, erhält man als Antwort immer noch rund 90 Prozent «gut» oder «zufriedenstellend» und 80 Prozent sehen eine noch bessere Zukunft voraus. Viele Startups zeichnen sich offenbar durch systematische Fehl- resp. Selbstüberschätzungen zum eigenen Produkt oder Markt aus sowie durch oft fehlende unternehmerische Skills. Einer der Hauptgründe für ihr Scheitern ist zudem, dass sie die Relevanz der Unternehmenskultur unterschätzen.
Dass an dieser Stelle kein falscher Eindruck entsteht: Ich möchte nicht entmutigen, sondern spreche aus Erfahrung. Wissen hilft nicht immer. Es gibt in der Ökonomie (zum Glück) unendlich viele Phänomene, welche auf bedingt rationalem Denken und Entscheiden beruhen. Ein Startup zu gründen und zu führen gehört wohl mit dazu. Da braucht es Faszination und Mythen. Logische Erklärungen?
David Bowie hat es treffender formuliert: “I don’t know where I’m going from here but I promise it won’t be boring!”
Dieser Artikel erschien auch im Blog von Büro Züri