Neue Softwaresysteme sollen die Kommunikation im Unternehmen vereinfachen, den Wissensaustausch forcieren und Arbeitsabläufe beschleunigen. Den Boom bei der Nutzung privater Anwendungen vor Augen kommen die Betriebe unter Zugzwang. Ein Patentrezept ist allerdings nicht in Sicht, ergab eine Podiumsdiskussion im Rahmen der Plattform “Digital Business Trends” (DBT) am vergangenen Donnerstag in Wien, an der auch Marcus Veit, Managing Partner von FehrAdvice sprach.
“Derzeit wird versucht, den Nutzen, den man im persönlichen Umfeld erlebt, auch ins Unternehmen zu transportieren. Nur funktioniert das häufig nicht. Viele Initiativen scheitern”, erklärte Hermann Arnold, Gründer und Verwaltungsratspräsident der Haufe-umantis AG, einem Anbieter von Talent-Management-Lösungen. “Was wir brauchen, ist ein Update für das Unternehmens-Betriebssystem. Privat läuft alles auf Android und Co., in der Firma auf MS-DOS”, so Arnold scherzhaft. Wenn die junge Generation im Unternehmen nicht die Kommunikations-Tools vorfinde, die sie brauche, würden private verwendet: “Unter Kontrolle halten funktioniert da nicht.”
Und auch wenn entsprechende Systeme für die Zusammenarbeit im Einsatz seien, würden verhaltensökonomische Experimente zeigen, dass die Bereitschaft zur Kooperation mit der Zeit abnimmt, sagte Marcus Veit, Managing Partner beim Beratungsunternehmen FehrAdvice & Partners:
“Das bricht zusammen.” Grund dafür seien Menschen, die sich nicht den sozial erwünschten Normen entsprechend verhalten – sogenannte “Free-Rider”. Soziale Feedback-Mechanismen könnten allerdings für Verhaltensänderungen sorgen. “Wenn das nicht funktioniert, muss es Konsequenzen geben”, so Veit.
Mitarbeiter müssen wählen dürfen
“Die Werkzeuge werden zu dem Zweck ausgewählt und zu dem Zeitpunkt eingesetzt, wann es für den Mitarbeiter gerade Sinn macht. Diese Freiheit muss das Unternehmen einräumen, und das wird dann auch geschätzt”, erklärte Harald Gerl von IBM Österreich. Wichtig sei, die Personen und ihr Wissen in den Vordergrund zu stellen und nicht die von ihnen produzierten und geteilten Dokumente. Dabei helfe auch Motivation durch ein “digitales Schulterklopfen”.
“Einer der Gründe für das Scheitern von Social-Collaboration-Projekten ist, dass die Implementierung vielfach als reines IT-Projekt definiert wird. Aber auch organisatorische und kulturelle Aspekte spielen eine maßgebliche Rolle”, erklärte Pamela Posch vom IT-Dienstleister Dimension Data Austria. Wichtig sei, die Mitarbeiter von Anfang an mit an Bord zu holen und den Nutzen klar zu kommunizieren. Außerdem müsse die Plattform immer weiter entwickelt, aktualisiert und vorangetrieben werden. Veraltete Dokumente könnten beispielsweise zu Enttäuschungen und zu einem Versickern des Engagements führen. “Außerdem hilft es, Vorbilder bzw. Ambassadeure zu haben”, so Posch.
Management als Vorbild
Wenn auch das Management über das jeweilige Collaboration-Tool kommuniziere, erhöhe das die Glaubwürdigkeit, stimmte Jakob Paul Weinknecht vom IT-Lösungsanbieter Navax zu: “Und dort läuft es dann auch besser.” Man könnte zudem ein “Schwarzes Brett” für alle möglichen Belange zur Verfügung stellen, um die Mitarbeiter an ein entsprechendes System heranzuführen. Es gebe durchaus Personen, die mit den Werkzeugen nicht so gut vertraut seien. Die müsse man “abholen”, um eine Abwehrhaltung zu vermeiden.
“Mit Social Collaboration fährt man vielleicht nicht exakt dorthin, wo man als Management hin will. Darum gibt es oft Vorbehalte. Aber man kommt schneller hin”, ergänzte Alexander Falchetto, Geschäftsführer der APA-IT. Generell sei der Umgang mit solchen Tools sehr unterschiedlich, wie bei E-Mails gebe es oft keine verbindlichen Regeln: “Manche antworten in der Nacht oder im Urlaub, andere finden, es reicht eine Reaktion innerhalb von ein paar Tagen”, so der Manager. Notwendig bei der Einführung von Collaboration-Tools seien die Unterstützung durch das Management und Kulturveränderungen im Unternehmen.
Auch die Zusammenarbeit im Bereich Katastrophenschutz könnte von neuen Technologien profitieren, so Friedrich Glock von der Technischen Universität (TU) Wien. In einem gemeinsamen Projekt mit dem Roten Kreuz und der Freiwilligen Feuerwehr habe man ein IT-System entwickelt, über das ehrenamtliche Helfer im Notfall informiert werden und dann entscheiden können, in welcher Rolle sie die Organisation unterstützen wollen. Eine Hilfe für das Einsatzmanagement sei auch, wenn in einer nicht überschaubaren Situation beispielsweise nur übermittelt werde, ob eine Tankstelle offen sei und noch über Treibstoff verfüge.