Was passiert, wenn Sie ein Glas mit Geldmünzen füllen und den Inhalt versteigern, von dem niemand weiss, wie viel er genau ausmacht? Werden die Gebote höher sein? Werden die Münzen unter ihrem tatsächlichen Wert weggehen?
Die Chance ist gross, dass Sie bei diesem Experiment einen Gewinn machen. Auch wenn das Durchschnittsgebot vermutlich niedriger sein wird als der tatsächliche Wert des Inhalts – das Gewinner-Gebot wird mit hoher Wahrscheinlichkeit darüber liegen. Die Schuld daran trägt der „Fluch des Gewinners“.
Er wurde zum ersten Mal im Jahr 1969 in Alaskas Tundra offensichtlich. Dort waren die damals weltweit grössten bekannte Ölvorkommnisse entdeckt worden, was den Bundesstaat dazu bewog, die Bohrlizenzen für einige Dutzend Landabschnitte zu versteigern. Rund 900 Millionen US-Dollar machte das Siegergebot aus, ein willkommener Geldregen für Alaska.
Übers Ziel hinaus schiessen
Aber ein Blick auf die niedrigeren Gebote zeigte, dass der Gewinner weit über das Ziel hinausgeschossen war: 370 Millionen hatten die unterlegenen Firmen im Durschnitt vorgeschlagen. Drei Erdöl-Ingenieure analysierten die unterschiedlichen Spannen an und errechneten, dass die Gewinner ein Drittel weniger bieten und trotzdem vier der fünf angestrebten Landstriche bekommen hätten können.
Doch warum waren die grossen Ölkonzerne – sonst Meister in der Preiskalkulation – so dermassen daneben gelegen? „Bei Auktionen gibt es die Tendenz, dass der Gewinner jener Mitspieler ist, der den wahren Wert eines Objekts am ehesten überschätzt,“ so die Theorie der Erdöl-Ingenieure dazu.
Heute wissen wir, dass es so nicht nur Ölfirmen so ergehen kann. Ökonomen wie Richard Thaler (siehe Link-Liste) beobachten seit dem Vorfall im Alaska den teuren Fluch es Gewinners in einer Reihe ähnlicher Settings: Unternehmensübernahmen, Kauf von Legionären im Sport, Online-Auktionen, Mobilfunklizenzen – überall tritt er auf.
Zumindest für die unterlegenen Bieter in der Auktion bietet er eine Genugtuung. Er mildert die Niederlage. Zwar bekommt er Gewinner alles – aber er fährt dabei auch einen Verlust ein.
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