Herr Fehr, Sie geben nun die operative Leitung von FehrAdvice & Partner AG ab und wechseln in den Verwaltungsrat. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Gerhard Fehr: Vor zwölf Jahren habe ich mich gemeinsam mit meinem Bruder Ernst Fehr entschieden, dass wir die verhaltensökonomischen Erkenntnisse der Wissenschaft in die Praxis übertragen und der Politik, Unternehmen und auch der Verwaltung zugänglich machen wollen. Aus dieser Idee ist das heute im deutschsprachigen Raum führende verhaltensökonomische Beratungsunternehmen FehrAdvice & Partners AG geworden. Als Gründer kommt aber irgendwann der Zeitpunkt, loszulassen, damit andere nachkommen können und zusätzliches Wachstum stattfindet. Deshalb wechsle ich nun in den Verwaltungsrat und übergebe die operative Führung des Geschäfts an Luca Geisseler. Er hat das Unternehmen in den letzten zehn Jahren massgeblich mitgestaltet und viele unserer Kunden von Anfang an beraten. Ich habe höchstes Vertrauen, dass Luca Geisseler zusammen mit Alexis Johann, der ebenfalls Partner und schon seit Jahren im Unternehmen ist, das Unternehmen erfolgreich führen wird. Sie beide sind die Garanten für das weitere Wachstum von FehrAdvice.
Welche Aufgaben werden Sie nun im Verwaltungsrat übernehmen?
Fehr: Als Delegierter des Verwaltungsrates werde ich mein strategisches Know-how weiterhin in das Unternehmen einbringen und gezielt in der Neu-Kundenakquise tätig sein. Darüber hinaus werde ich auch in Zukunft für Kunden, Partner, Medien und Vorträge zur Verfügung stehen.
Fällt es Ihnen schwer, die operative Kontrolle abzugeben?
Fehr: Als Verhaltensökonom weiss ich natürlich, dass auch ich mich der Verlustaversion nicht gänzlich entziehen kann. Menschen wollen immer den Status Quo erhalten und haben Respekt vor dem Schritt ins Ungewisse. Aber diese Effekte sind mir bewusst und ich beziehungsweise die gesamte Organisation haben sich auf diesen Schritt jetzt schon über Monate vorbereitet.
Das Unternehmen heisst FehrAdvice & Partners. Ist in Zukunft noch Fehr drinnen, wo Fehr draufsteht?
Luca Geisseler: Selbstverständlich. Und nicht nur, weil Gerhard und auch Ernst Fehr als Verwaltungsräte ihre Expertise weiterhin in das Unternehmen einbringen werden. Am Wertversprechen wird sich auch in Zukunft nichts ändern: wir wollen Unternehmen und die Politik mit evidenzbasierten Lösungen inspirieren. Ich freue mich, jetzt mit Alexis als Partner und unserem Beratungsteam die nächsten Entwicklungsstufen des Unternehmens angehen zu dürfen. Wir möchten mit unseren Kunden weiterwachsen.
Was sind die entscheidenden Faktoren für das weitere Wachstum?
Geisseler: Die Basis unseres Erfolges sind die Menschen, die sich der Vision unseres evidenzbasierten Beratungsansatzes verschrieben haben. Dieses Team, das wir in den letzten Jahren systematisch aufgebaut haben, bildet die Grundlage unseres Wachstums. Gleichzeitig haben wir aber auch technologische Tools – unter dem Begriff „Behavioral Tech“ – entwickelt, die unser Wachstum weiter unterstützen werden. Der neu entstandene Wachstumsbereich, „Behavioral Tech“ ist so zu einem weiteren wichtigen Standbein geworden und das Interesse unserer Kunden ist gross. Unsere (Kern-)Mission ist jedoch seit über einem Jahrzehnt unverändert und hat sich bewährt. Wir sind überzeugt, mit unserer evidenzbasierten Strategieberatung unsere Kunden erfolgreich zu machen und Verhalten – sei es das von Kunden, Mitarbeitenden oder des Managements – effektiv zu verändern. Gerade in diesen Zeiten, die von grosser Unsicherheit geprägt sind. Denn es gibt kein besseres Mittel für die Reduktion von Unsicherheit als Evidenz. Unter Einsatz geringer Mittel und Ressourcen können wir für unsere Kunden so schnell identifizieren, ob ihre Strategien in die richtige Richtung weisen und gemeinsam mit ihnen strategische Massnahmen erarbeiten, die Erfolg haben werden. Nur wer die Treiber des menschlichen Verhaltens versteht, kann Verhalten auch tatsächlich verändern.
Alexis Johann: Die Systematisierung der Beratung war eines unserer Kernthemen in den letzten Jahren. Heute können wir bei jedem Projekt Spitzenleistung erbringen und das unabhängig davon, von welchem Berater oder Beraterin unsere Kunden gerade betreut werden. Das gelingt einerseits über eine permanente Weiterbildung unserer Mitarbeitenden, sowie andererseits über technische Tools und systematisierte Prozesse. Das Unternehmen hat so den Reifegrad für zusätzliches Wachstum erreicht.
Wo legen Sie die Schwerpunkte bei Ihrem zukünftigen Wachstum?
Geisseler: Wir sind schon heute das führende verhaltensökonomische Beratungsunternehmen im deutschsprachigen Raum. Die Schweiz ist unser Kernmarkt, aber wir haben auch wachsende Kundenanfragen und Aufträge in Deutschland und Österreich. Alle Kundenbeziehungen, die wir in diesen Märkten eingegangen sind, sind nachhaltig. Für uns war und ist ein qualitatives Wachstum wichtig, denn wir verfolgen konsequent den Ansatz „weniger, aber dafür besser“. Wir arbeiten nur mit so vielen Kunden zusammen, dass wir diese auch in einer optimalen Qualität betreuen können. Wir haben aber in den letzten Jahren sehr viel in Mitarbeitende und Technologie investiert, um Raum für neue Kunden zu schaffen.
Welche Herausforderungen gilt es dabei zu bewältigen?
Johann: Die knappste Ressource sind Mitarbeitende. Diese werden in unserem Unternehmen über mehrere Jahre hinweg zu Behavioral Designern ausbildet. Hier haben wir in den vergangenen Jahren sehr viel unternommen, um das unglaublich breite Know-how, das sich in den letzten zwölf Jahren im Unternehmen angesammelt hat, allen in unterschiedlichen Formaten zugänglich zu machen. Gleichzeitig rekrutieren wir laufend neue und engagierte Mitarbeitende, um unseren kontinuierlichen Wachstumspfad weiter beschreiten zu können.
Wie werden in Zukunft die Kompetenzen zwischen Luca Geisseler und Alexis Johann aufgeteilt?
Geisseler: Die operative Geschäftsführung liegt bei mir, aber wir wollen als Team die nächsten Wachstumsschritte angehen.