Vergütungsmodelle für das Top-Management geraten regelmässig in den Fokus der öffentlichen Diskussion. Oftmals werden dann überzogene Boni für das Management angeprangert, die in Zeiten der Krise die falschen Anreize setzen könnten.
Als Spezialisten für Vergütungssysteme, mit denen die richtige Anreize gesetzt werden und welche die Verhaltenspräferenzen der handelnden Aktuere berücksichtigen, haben wir bei unserer Beratungstätigkeit mit FehrAdvice und der begleitenden empirischen Forschung zum Thema in den vergangenen Jahren gelernt, dass es vor allem die Art der Leistungsmessung und der Incentivierung ist, die für Probleme sorgen kann.
In der Praxis ist die Ausgestaltung eines nachhaltigen Vergütungssystems oft schwierig. Es muss sorgfältig konzipiert werden, um die Anreizproblematik zwischen Eigentümern (bzw. Aktionären) und dem Management zu lösen. In vielen Fällen etwa decken sich die Interessen des Managements gar nicht mit denen der Eigentümer.
Interessen der Eigentümer vs. Interessen des Managements
Ein Eigentümer verfolgt meist langfristige Interessen. Darum ist er auch auf Investments bedacht, die nachhaltige Gewinne bringen. Wird das Management allerdings nur für kurzfristige Erfolge belohnt, können langfristige Entscheidungen sogar negativ auf dessen Erfolgsbilanz wirken – und damit auch auf seine Entlöhnung.
Ein optimales Vergütungssystem muss daher die Interessen beider in Einklang bringen: in Form nachhaltiger Leistungsanreize, die von beiden Seiten als effizient und fair empfunden werden.
Fairness ist in diesem Zusammenhang ein ausschlaggebender Faktor für die Akzeptanz des Systems und dessen Wettbewerbsfähigkeit am Arbeitsmarkt. Ein Vergütungssystem wird etwa nur als fair empfunden, wenn Manager angemessen entlohnt werden, also ihren Wettbewerbslohn erhalten. Und Effizienz bedeutet, dass dem Unternehmen keine unnötigen Kosten entstehen. Das Management wird nur für tatsächliche Leistung entlohnt.
Wenn variabel, dann richtige Leistungsindikatoren
Um dies einzulösen, muss ein Vergütungssystem die richtigen Anreize generieren. Und wenn es variabel ausgestaltet ist – also variable Vergütungsbestandteile einen Teil der Total Compensation ausmachen – an den richtigen Leistungsindikatoren gemessen werden. Nach dem Motto: Wenn variabel, dann richtige Leistungsindikatoren.
Die in den meisten Fällen noch immer angewendeten absoluten Kennzahlen wie Budgeterfüllung, EBIT oder Reingewinn werden dem Anspruch nicht gerecht, die Leistung des Managements objektiv zu messen. Sie sind beispielsweise stark von der aktuellen Marktsituation beeinflusst. Letzteres bedeutet, dass die Kennzahlen sowohl die generelle Konjunktur also auch die Performance des Managements enthalten.
Dabei sollte doch ein Manger ebenso wenig für einen durch die Hochkonjunktur induzierten Gewinn belohnt, wie für niedrigere Gewinne während einer Rezessionsphase bestraft werden.
Um den Leistungsindikator zu relativieren – sprich: um die Marktfluktuation zu bereinigen – empfiehlt sich der Vergleich der Performance mit einer Peer Group, die das Marktumfeld eines Unternehmens präzise abbildet.
Traditionell werden für einen Peer Group-Vergleich insbesondere die nächsten Konkurrenten herbeigezogen. Doch diese Methode erweist sich in der Praxis als nicht ausreichend.
Die richtige Peer Group macht es aus
In einer empirisch fundierten Peer Group werden Markteffekte abgebildet, die sowohl regionale als auch globale, und sowohl branchenspezifische als auch branchenübergreifende Faktoren transparent abbilden. Die Grösse der Unternehmen in der Peer Group spielt hier beispielsweise eine wichtige Rolle, weil Firmen ähnlicher Grösse auch ähnlichen Marktschocks ausgesetzt sind und ähnliche Fähigkeiten haben, diese zu absorbieren.
Erst durch den Vergleich der Leistung mit dieser validen Peer Group können Markteffekte aus dem Leistungsindikator eliminiert werden. Die Basis für ein variables Vergütungsmodell ist damit gelegt.
Der Weg von einem absoluten zum relativen Leistungsindikator birgt allerdings auch noch weitere Herausforderungen. Zum Beispiel können damit Situationen entstehen in denen die absolute Performance als sehr gut wahrgenommen wird, die relative Betrachtungsweise aber zeigt, dass dieser Eindruck hauptsächlich von einer positiven Marktentwicklung getrieben wurde.
Das konfrontiert betroffene Manager dann mit einer Verlustsituation in zweierlei Hinsicht: geringere variable Kompensation und Reputationseffekte. Aus der verhaltensökonomischen Forschung weiss man, dass Menschen auf Verluste wesentlich stärker reagieren als auf Gewinne. Dies fördert eine starke Abwehrhaltung gegenüber dem Ergebnis.
Darum gilt es nicht nur, die Peer Group für einen relativen Leistungsindikator empirisch stichhaltig zu erarbeiten, sondern auch proaktiv den Kulturwandel zu kommunizieren, den ein variabes Vergütungsmodell mit sich bringt.