Behavioral Economics und Recycling: Biases, Tricks und falsche Schlüsse

Je mehr uns ein Produkt bis zu Ende seines Lebenszyklus ans Herz gewachsen ist, desto eher führen wir es auch dem Recycling zu. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Vorbildliche Wiederverwertung kann auch zu mehr Ressourcenverschwendung führen

Behavioral Economics und Recycling: Biases, Tricks und falsche Schlüsse

Warum werfen wir unseren Kaffee-Pappbecher gedankenlos in den Restmüll statt ihn zu recyclen? Weil er deutliche Gebrauchsspuren aufweist und uns nur wenige Minuten begleitet hat. Hätte jemand unseren Namen darauf geschrieben oder wäre es gar die Porzellanausführung, die uns seit Jahren im Haushalt begleitet, hätten wir höchstwahrscheinlich umsichtiger gehandelt.

Denn mit diesen Gegenständen ist ein bisschen Identität verbunden, und wer wirft schon gerne ein Stück Selbst auf den Müll? “Identitäts-Bias” nennt das Remi Trudel von der Questrom School of Business, Boston University. Einige Unternehmen spielen daher schon mit personalisierter Verpackung, etwas Coca-Cola in der “Share a Coke”-Kampagne, im Rahmen derer Konsumenten ihre Namen auf Cola-Etiketten entdecken können – und solche Flaschen vermutlich eher dem Glas-Recycling rückführen anstatt sie einfach wegzuwerfen.

Zuviel des Guten: Moral Licensing

Ein weiterer Grund, um mit wertvollen Rohstoffen sorglos umzugehen: Sobald die jeweilige Verpackung zerknüllt, verdreckt oder sonstig zerstört wurde, will sie der Konsument auf schnellstem Wege loswerden. Ein Versuch unterstrich diese Annahme: Remi Trudel teilte für die Beurteilung von Scheren an seine Kollegen ein Blatt Papier aus. Manche mussten einen Teil abschneiden, manche das ganze Blatt nützen. Tatsächlich warfen jene, die das Papier zerstört hatten, es eher in den Restmüll als jene Kollegen, die es im Ganzen belassen hatten.

Das Wissen, mit Recycling das Richtige zu tun, kann allerdings auch zu unerwünschten Ergebnissen führen:

Our findings suggest that the positive emotions associated with recycling can overpower the negative emotions, like guilt, associated with wasting. As a result, consumers feel comfortable using a larger amount of a resource when recycling is an option. Conserving resources in one domain may lead you to waste resources in another—in effect, giving yourself a pass because of your prior good behavior – a phenomenon known in social science as “moral licensing.”

Quelle: Remi Trudel, The Behavioral Economics of Recycling, hbr.org, Oct. 7, 2016