Das Ernährungsverhalten der Schweizerinnen und Schweizer ist nicht nur tief in Tradition, Kultur und Gewohnheiten verankert – es verursacht auch knapp 30 Prozent der gesamten Umweltbelastung des Landes. Das Potenzial für einen Beitrag zu einer gesünderen Umwelt ist bedeutend.
Doch wie lässt sich ein über lange Zeit gefestigtes Ernährungsverhalten ändern? Dies herauszufinden ist Ziel der soeben veröffentlichten Studie „Ernährung & Nachhaltigkeit in der Schweiz“, die das verhaltensökonomische Beratungsunternehmen FehrAdvice & Partners AG mit Unterstützung des Bundesamts für Umwelt (BAFU) durchgeführt hat.
Sie liefert mit ihrem verhaltensökonomischen Ansatz neue Erkenntnisse zu zwei Fragen:
- In welchen Situationen sind die Menschen am ehesten bereit, ihr Verhalten in Richtung Nachhaltigkeit anzupassen?
- Mit welchen Mitteln kann das Verhalten der Menschen systematisch in Richtung ökologisch nachhaltiger Ernährung verändert, und wie kann dieser Wandel effektiv und effizient unterstützt werden?
Klare Lücken beim Wissen
Die Ergebnisse zeigen, dass in der Schweiz trotz eines generellen Bewusstseins über die Umweltwirkungen des Ernährungsverhaltens die Bereitschaft, sich ökologisch nachhaltig zu ernähren, noch nicht gleichermassen stark ausgeprägt ist.
Die Studie ermittelt auch klare Lücken betreffend des Umsetzungswissens in der Schweizer Bevölkerung – ein Grossteil der Bevölkerung ist beispielsweise nicht in der Lage die Saisonalität von Früchten und Gemüsen korrekt zu bestimmen oder die Umweltbelastung durch Produkte einzuschätzen.
Eine Verhaltensänderung auf Dauer kann nur erzielt werden, wenn diese Lücken geschlossen werden. Ansonsten bleiben auch noch so gutgemeinte Kampagnen erfolglos, weil die Menschen nicht wissen, wie sie sich in der konkreten Entscheidungssituation verhalten sollen.
Bildung ist die Basis für Verhaltensänderungen
Die Bildung eines Werte-Sets basierend auf ökologischen Prinzipien ist zentral für die Erreichung substanzieller und anhaltender Fortschritte. Da Werte mitunter auch stark während den ersten Lebensjahren geprägt werden, kommt der Erziehung bereits bei kleinen Kindern eine eminente Bedeutung zu. Hier anzusetzen lohnt sich längerfristig besonders.
Kurzfristige Wirkung durch Nudging
Die Studie zeigt aber auch Möglichkeiten auf, um kurzfristig Wirkung zu erzielen: Bereits kleine Interventionen führen zu starken Verhaltensänderungen. Man kann die Menschen mit einem gemeinsamen Ziel motivieren („Die Schweiz reduziert die Umweltbelastung durch Ernährung um die Hälfte!“) und ihnen einfache Umsetzungstipps als unterstützendes Element zur Verfügung stellen.
Menschen mit tiefer Food Literacy können ihr Verhalten ändern, indem man ihre Unwissenheit kompensiert und sie zu den richtigen Entscheidungen stupst („Nudge“). Mit Nudges hilft man auch jenen Menschen, die eigentlich über das Wissen verfügen, und sich normalerweise nachhaltig ernähren. In Stresssituationen kippt auch deren Verhalten. Man schlägt mit Stupsern sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe.
Geteilte Verantwortung
Werden Massnahmen konzipiert, gilt es insbesondere eines immer im Hinterkopf zu behalten: Die Menschen in der Schweiz möchten ihren Teil der Verantwortung tragen. Generell drückt die Schweizer Bevölkerung nämlich ein klares Bekenntnis aus, Verantwortung betreffend ihres Ernährungsverhaltens zu übernehmen – solange es sich um eine geteilte Verantwortung zwischen ihr und den anderen involvierten Stakeholdern handelt.
Dies lässt sich auch als Aufruf zum Handeln an die ganze Nahrungsmittelindustrie verstehen, proaktiv Strategien zu entwickeln – die Konsumenten sind bereit zur Kooperation und werden Massnahmen mittragen. Nicht zuletzt im Verbund mit bestehenden Massnahmen existieren oft kosteneffiziente Wege, um Potenziale gezielt zu nutzen und auf bereits erzielten Erfolgen aufzubauen, damit letztendlich das gesellschaftlich anstrebenswerte Ziel erreicht werden kann: Eine ökologisch nachhaltigere Ernährung der gesamten Schweizer Bevölkerung.