In dem Versuch der Ökonomen Armin Falk (briq & Universität Bonn) und Thomas Graeber (Harvard-Universität) konnten Teilnehmer Geld gewinnen oder eine potenziell lebensrettende Spende generieren. Während die Spende zunächst glücklicher machte, überwog langfristig der negative Effekt des entgangenen Geldgewinns.
Die Forscher ließen 297 Probanden an einer Lotterie teilnehmen. Je nach Ausgang des Losverfahrens erhielten die Teilnehmer einen Geldbetrag von 100 Euro oder es wurden 350 Euro an eine gemeinnützige Organisation in Indien gespendet, die mit dem Betrag fünf Tuberkulose-Behandlungen finanzieren konnte. Erfahrungsgemäß lässt sich dadurch ein zusätzliches Menschenleben retten.
Zu Beginn des Experiments mussten die Teilnehmer wählen, ob sie mit 60-prozentiger Wahrscheinlichkeit den Geldgewinn erhalten oder die Spende generieren wollten. So konnten die Forscher die prosoziale Einstellung der Teilnehmer ermitteln und anschließend die Auswirkung des zufälligen Lotterieausgangs auf das Glücksempfinden messen. Dazu mussten die Teilnehmer zu unterschiedlichen Zeitpunkten angeben, wie “glücklich” sie sich einschätzten – direkt vor und nach dem Experiment sowie vier Wochen später.
Die Ergebnisse bestätigen zunächst den von früheren Studien vorhergesagten Glückseffekt: Wer zugunsten der lebensrettenden Spende selbst leer ausging, fühlte sich verhältnismäßig glücklicher als diejenigen, die den Geldgewinn einstrichen. Nach vier Wochen kehrte sich der Effekt jedoch ins Gegenteil um: In Relation zu den “Spendern” waren die “Gewinner” glücklicher.
Die Forscher erklären ihren Befund damit, dass das kurz- und langfristige Glücksempfinden durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst wird. Während der Akt des Gebens kurzfristig eine “emotionale Belohnung” und ein positiveres Selbstbild erzeugt, scheint längerfristig die negative Erfahrung des entgangenen Geldgewinns, der zusätzlichen Konsum ermöglicht hätte, zu überwiegen.
Nach Einschätzung der Studienautoren ist der Zusammenhang zwischen Prosozialität und Glück somit weniger eindeutig als bislang angenommen. “Unsere Ergebnisse könnten erklären, warum sich Menschen in der Praxis weniger prosozial verhalten als zu erwarten wäre, wenn sich dadurch das empfundene Glück maximieren ließe”, sagt Armin Falk, der das Bonner briq-Institut für Verhalten und Ungleichheit leitet.
Die Forschungsergebnisse sind in der US-Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen.
PNAS: Delayed negative effects of prosocial spending on happiness