Viele Menschen spenden reichlich und gerne. Wohler wäre den meisten allerdings, wenn klar wäre, ob die Gabe ihr Ziel auch tatsächlich erreicht – sowohl örtlich als auch zweckmässig. Dina Pomeranz, Ökonomin an der Uni Zürich, beschäftigt sich mit Spenden und ihrer Messbarkeit. In einem Interview mit dem jüdischen Medium „Tachles“ erklärt sie, dass zivilgesellschaftliches Engagement auf alle Fälle Sinn hat. Sie selbst wendet sogar ein Drittel ihres Einkommens dafür auf.
Bei Unsicherheit empfiehlt sie, die Mittel für Organisationen aufzuwenden, deren Projekte und ihre Effekte wissenschaftlich überprüft werden. Das übernimmt zum Beispiel ein Verband von Professoren namens Poverty Action Lab:
Das Poverty Action Lab spezialisiert sich auf randomisierte Feldstudien. Diese erlauben durch den Beizug guter Vergleichsgruppen sehr verlässliche Erhebungen über die Wirkung verschiedener Projekte. Wie bei der Medikamentenforschung werden Leute nach dem Zufallsprinzip in die Projekte oder Vergleichsgruppen eingeteilt, und man kann am Ende die Wirkung des Projekts anhand des Unterschieds zwischen den verschiedenen Gruppen messen.
Beispielsweise wurde untersucht, wie wirksam direkte Geldüberweisungen nach Kenia an extrem arme Empfänger sind. In der Entwicklungshilfe ist umstritten, ob das Verteilen von Hilfsgütern nicht angebrachter wäre. Laut Studie ergibt aber Bargeld durchaus Sinn, denn die Empfänger verwenden es für sinnvolle Dinge wie Schulgeld, medizinische Notfälle oder Hausreparaturen. Insgesamt waren die Menschen aufgrund der finanziellen Sicherheit in psychisch besserer Verfassung.
Dina Pomeranz kann noch weitere Spendenorganisationen empfehlen:
Tam Tam verteilt Moskitonetze gegen Malaria, welche extrem wirksam sind, um Menschen vor dieser tödlichen Krankheit zu schützen. Ferner bin ich im Vorstand von Evidence Action. Bei Evidence Action bringen wir Projekte, welche durch die Forschung als sehr wirksam befunden wurden, für Millionen von Leuten zur Anwendung. So haben zum Beispiel 4,8 Millionen Menschen in Kenia, Uganda und Malawi dank Evidence Action Zugang zu sauberem Wasser erhalten. Und die Kosten sind weniger als ein Franken pro Jahr und Person. […] ausser Tam Tam und Evidence Action kann ich auch Give Directly empfehlen. Dies ist die Organisation, die wie oben erwähnt direkt Geld an Menschen in extremer Armut übermittelt. Dieses Projekt kommt dem Konzept von «internationaler Sozialhilfe» am nächsten.
Soziale Marktwirtschaft schützt vor Sturz ins Bodenlose
Prinzipiell ist die Ökonomin der Uni Zürich ein Fan der sozialen Marktwirtschaft. Wenn es Veränderungen am Arbeitsmarkt gibt, macht es einen grossen Unterschied, ob man in der Schweiz lebt oder in den USA. Dort kann man im Falle von Arbeitslosigkeit „richtiggehend ins Bodenlose stürzen“.
Zum Thema Migration und Prekariat betont die Wissenschaftlerin, dass Menschenströme bisher immer ein Segen sowohl für das Ziel- als auch das Herkunftsland waren. Ohne Migranten hätte es beispielsweise in der Schweiz keine Firmengründungen wie Nestlé, Wander, ABB und Swatch gegeben. Und umgekehrt schicken Migranten viel Geld ins Heimatland, fast gleich viel, wie die internationale Hilfe ausmacht.
Wirtschaftlich problematisch sei nur, dass Migranten in der Schweiz zu lange vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden. Sie verlieren in dieser Zeit einen Teil ihrer Fähigkeiten und fallen ungewollt der Allgemeinheit zur Last.
Quelle: Mit Wissenschaft Spendenwirksamkeit messen, tachles.ch, 3.4.2018(kostenpflichtig)