In Zeiten multipler Krisen, geopolitischer Unsicherheiten und disruptiver Technologien stehen Unternehmen vor der Frage: Wie bleiben wir innovationsfähig? Genau darüber sprachen «Brutkasten»-Gründer Dejan Jovicevic und Alexis Johann, Managing Partner bei FehrAdvice & Partners, einem der führenden Beratungsunternehmen für Verhaltensökonomie in Europa.
Verhalten verstehen, um Veränderung möglich zu machen
„Verhaltensökonomie hilft uns, Menschen besser zu verstehen – und damit Verhalten gezielt zu verändern“, erklärt Johann. Ob Kundentreue, Mitarbeiterbindung oder Produktivität in der Produktion: In all diesen Bereichen entscheiden psychologische Mechanismen darüber, ob Menschen neue Wege gehen oder im Status quo verharren.
Ein Beispiel: In der Industrie liegt die Fehlerquote oft bei rund 5 %. Mit verhaltensökonomischen Interventionen lassen sich Anreize und Routinen so gestalten, dass diese auf 1 % sinkt – ohne zusätzliche Maschinen oder Prozesse, allein durch kluges Design menschlichen Handelns.
Homeoffice, Präsenz oder Hybrid?
Ein aktuelles Thema ist die Rückkehr ins Büro. Viele Manager reagieren reflexhaft auf die Krisenlage mit strikten Präsenzvorgaben. Doch Johann warnt: „Ein Viertel der Mitarbeiter liebt das Büro, ein weiteres Viertel performt am besten im Homeoffice, und die große Mitte will Hybrid.“
Daten zeigen, dass Mitarbeitende im Schnitt 70 Minuten pro Woche durch hybrides Arbeiten einsparen – und mehr als die Hälfte dieser Zeit in Form von Produktivität ans Unternehmen zurückgeben. Wer starre Vorgaben macht, riskiert dagegen innere Kündigung oder den Verlust von High-Performern. Erfolgreich sind jene Unternehmen, die mit Anreizen, Flexibilität und klarem „Warum“ maßgeschneiderte Modelle entwickeln.
Change durch Storytelling und Kontext
Wenn Mitarbeiter verstehen, dass KI ihnen nicht Jobs wegnimmt, sondern Freiräume schafft, steigt die Akzeptanz massiv.
Alexis Johann
Ob neue Arbeitsmodelle oder der Einsatz von Künstlicher Intelligenz: Die Reaktionen in Organisationen sind höchst unterschiedlich – von Euphorie bis Skepsis. Der Schlüssel liegt darin, die richtige Geschichte zu erzählen und Kontexte zu berücksichtigen.
„Wenn Mitarbeiter verstehen, dass KI ihnen nicht Jobs wegnimmt, sondern Freiräume schafft, steigt die Akzeptanz massiv“, so Johann. Führungskräfte spielen dabei eine entscheidende Rolle: Ihre Signale bestimmen, ob Innovationen als Chance oder Bedrohung wahrgenommen werden.
Innovationskultur braucht Fehlerfreundlichkeit
Innovation setzt Kooperation und eine konstruktive Fehlerkultur voraus. Doch oft verhindern gemischte Signale genau das: Wird ein Fehler sanktioniert oder bleibt ein destruktiver Kommentar im Team-Chat unwidersprochen, erstickt dies Neugier und Austausch.
Verhaltensökonomie bietet hier Werkzeuge: Feedbackroutinen und dezentrale Sanktionierungsmechanismen schaffen ein Klima, in dem Experimente möglich sind – und damit Innovation.
Praxisfall: Medienkonzern & digitale Transformation
Johann selbst hat diese Prinzipien in der Praxis erprobt: Als Topmanager bei der Styria Media Group gelang es ihm, über 150 Unternehmen zur Zusammenarbeit zu bewegen – in einer Kultur, die zuvor von interner Konkurrenz geprägt war. Das Ziel, den ORF in der digitalen Reichweite zu überholen, wurde nach 18 Monaten erreicht.
Das Learning: Mit den richtigen verhaltensökonomischen Mechanismen lassen sich selbst große, komplexe Organisationen zu High-Performance-Teams formen.
Von Beratung zu skalierbaren Lösungen
FehrAdvice entwickelt derzeit ein KI-basiertes Tool, das Unternehmen erlaubt, ihre eigenen Verhaltensdaten live zu analysieren und passende Interventionen zu wählen. Damit wird Verhaltensökonomie nicht nur beratungsintensiv, sondern skalierbar und alltagstauglich.
Wie kann Verhaltensökonomie Unternehmen helfen?
Verhaltensökonomie bei hybriden Arbeitsmodellen:
„Die große Mitte der Mitarbeitenden will Hybrid – und diese Gruppe entscheidet über den Erfolg.“
„Starre Präsenzpflichten sind riskant – Hyperformer verlassen dann oft das Unternehmen.“
„Mitarbeitende sparen im hybriden Modell im Schnitt 70 Minuten pro Woche – und mehr als die Hälfte davon geben sie in Form von Produktivität ans Unternehmen zurück.“
Verhaltensökonomie bei Veränderung & Führung:
„Verhaltensökonomie heißt: Verhalten verstehen, um es gezielt verändern zu können.“
„Awareness allein reicht nicht. Nur weil jemand etwas gehört hat, heißt das noch nicht, dass er sein Verhalten ändert.“
„Ob Veränderung gelingt, hängt von der Geschichte ab, die wir dazu erzählen.“
Verhaltensökonomie bei Innovation & Fehlerkultur:
„Innovation braucht Fehlerfreundlichkeit – wenn Fehler sanktioniert werden, stirbt Neugier.“
„Feedback ist der dezentrale Mechanismus, mit dem sich Kooperation und Innovation wirklich sichern lassen.“
Verhaltensökonomie bei KI-Transformationen im Unternehmen:
„Ob KI als Bedrohung oder Chance gesehen wird, hängt von der Geschichte ab, die wir dazu erzählen.“
„Wir sind alle Anfänger bei KI. Niemand muss sich schämen, wenn er noch lernt.“
Fazit
Transformationen wie Hybrides Arbeiten und KI-Innovation können nur dann ihr Potenzial entfalten, wenn sie kontextgerecht gestaltet und die sozialen Normen Führungskräften vorgelebt werden.
Verhaltensökonomie ist kein theoretisches Konzept, sondern ein praktisches Instrument für Produktivität, Mitarbeiterzufriedenheit und Innovation.
Fehlerfreundlichkeit und Feedback sind Grundpfeiler einer Innovationskultur.
Mit Tools wie Beatrix wird Verhaltensökonomie in Unternehmen direkt anwendbar.