Corporate Nudging: Wie kleine Stupser am besten in einer Organisation genutzt werden können

Bei der Frage, ob eine verhaltensökonomische Einheit unternehmensintern aufgebaut oder extern beauftragt werden soll, hilft ein von McKinsey ausgearbeiteter Leitfaden. 14 Experten wurden dafür im Vorfeld befragt.

Corporate Nudging: Wie kleine Stupser am besten in einer Organisation genutzt werden können

Immer häufiger werden verhaltensökonomische Behavioral Change-Applikationen in Unternehmen und anderen Organisationen eingesetzt. Generelle Empfehlungen, ob ein internes Behavioral Science-Team mit der Ausarbeitung beauftragt werden soll oder eine externe Nudge Unit zu Rate gezogen wird, gibt es nicht. Daher hat McKinsey Deutschland einen Leitfaden erarbeitet, für den 14 Experten befragt wurden, darunter auch promintente Verhaltensökonomen wie Daniel Ariely.

Die wichtigste Erkenntnis: Ein One Size-Modell, passend für alle Bedürfnisse, gibt es nicht. Aber die sechs folgenden Fragen können helfen, die richtige Organisationsform zu finden:

  • Worin soll das Hauptaugenmerk der Nudge Unit liegen? Soll das Verhalten der Mitarbeiter oder Kunden im Fokus stehen, oder beide? Die Mehrheit der Befragten gab an, dass verhaltensökonomischer Tools als Grundlage langfristiger Unternehmensstrategien die besten Ergebnisse liefere:

The best way to make better products or programs is to build them with an accurate behavioral foundation. That’s why we work on projects from the very beginning, helping teams better define their strategy, and then design and run experiments to determine how to get the desired behavioral outcomes.

  • Wo wird die Nudge Unit innerhalb der Organisation am besten integriert? Je nach Bedürfnis bietet sich dafür beispielsweise die Marketing- oder R&D-Abteilung an, aber auch ein Zusammenschluss mit den hausinternen Datenspezialisten könnte Synergien bringen. Oder man bedient sich gleich der Leistungen einer externen, selbständigen Nudge Unit.
  • Wer arbeitet für die Nudge Unit? Meistens sind es drei bis acht inner- und ausserhalb der Organisation rekrutierte Experten, die für eine verhaltensökonomische Abteilung eingesetzt werden. Viele Unternehmen setzen auf einen Mix aus Ökonomen, Psychologen und Datenanalytikern.
  • Was muss getan werden, damit eine Nudge Unit erfolgreich ist? Transparenz gilt hier als Zauberwort, und die kann beispielsweise über Workshops geschaffen werden:

[…] the more people who attend from different functions the better. This is primarily to create a shared language among people at the company. We do this for every project kick-off—the more people attending the better.

Zahlen überzeugen auch die letzten Zweifler

  • Wie beweisen, dass die Nudge Unit erfolgreich ist? Verhaltensänderungen können in Zahlen übersetzt werden, etwa höheren Pensionsersparnissen von Mitarbeitern. Aber auch gesteigerte Motivation innerhalb der Organisation oder eine höhere Kundenzufriedenheit können ein messbares Ergebnis sein.
  • Wie mit ethischen Bedenken umgehen? Manche Leute befürchten, mittels Nudging manipuliert zu werden. Mit diesen Ängsten muss verantwortungsvoll umgegangen werden. Nudging-Befürworter argumentieren unter anderem, dass viele Nudges, wie Erinnerungen oder Kalorienetiketten, positives Verhalten fördern können.

Um eine funktionierende Nudge Unit aufzubauen, ist also weitaus mehr erforderlich als einige Experten, die etwas von Heuristiken und Statistiken verstehen. Es ist Sache des Senior Managements, die Voraussetzungen für den Erfolg zu schaffen. Nur so kann die Wahrscheinlichkeit gesteigert werden, dass ein paar Stupser echte Bewegung in die Organisation und ihre Leistung bringen.

Quelle: Anna Güntner et al, Lessons from the front line of corporate nudging, McKinsey Quarterly, January 2019