Der erste Eindruck kann täuschen: Standardisierte Rekrutierungs-Tools verhelfen zu besseren Mitarbeitern

Personalverantwortliche sind auch nur Menschen. Um zu verhindern, dass sie jene Jobkandidaten auswählen, die ihnen am ähnlichsten sind, sollte das Rekrutierungs-Procedere so stark wie möglich strukturiert werden.

Der erste Eindruck kann täuschen: Standardisierte Rekrutierungs-Tools verhelfen zu besseren Mitarbeitern

Bei Einstellungsgesprächen lassen es sich Personalverantwortliche ungern nehmen, unstrukturiert Fragen ihrer Wahl zu stellen. Auch der Verzicht auf ein persönliches Treffens scheint völlig undenkbar. Dabei wäre die Kandidatenwahl nachweislich besser, wenn das Einstellungsprozedere anonymisiert und standardisiert wäre, wie Studien zeigen.

Es ist sogar so, dass mittels unstrukturierter Job-Interviews am wenigsten vorausgesagt werden kann, wie gut sich das Gegenüber später am Arbeitsplatz bewähren wird. Aber warum wird diese Methode nach wie vor angewendet? Personalverantwortliche unterliegen einem Bias, eigentlich sogar zweien: Sie überschätzen ihre Fähigkeiten, das Gegenüber richtig beurteilen zu können; und der Gedanke, diesen Teil ihres Jobs zu automatisieren, behagt ihnen gar nicht.

Gleich und gleich gesellt sich gern

Am liebsten stellen HR-Verantwortliche Personen ein, die ihnen möglichst ähnlich sind. Das hat Konsequenzen für den Gender-Mix:

Replicating ourselves in hiring contributes to the prevalent gender segregation of jobs, with, for example, male bankers hiring more male bankers and female teachers hiring more female teachers.

Den Beweis, wie falsch man mit dem persönlichen Kriterienkatalog liegen kann, erbrachte vor einiger Zeit ein Vorfall in Texas. Dort herrschte Ärzteknappheit. Um den Engpass schell zu überwinden wurden an der University of Texas Medical School in Houston die üblichen 150 Anfänger-Plätze auf 200 aufgestockt. Die besetzten nun auch Studenten, welche von den Aufnahme-Komitees ursprünglich niedrig gereiht beziehungsweise abgelehnt worden waren.

Nach einiger Zeit zeigte sich, dass die anfangs Abgelehnten genauso viel leisteten wie die Kommilitonen, die im Ranking ganz vorne lagen. Einige Forscher nahmen sich dieses Phänomens an und konnten nachweisen, dass 75 Prozent des Unterschieds im ursprünglichen Rating von der individuellen Wahrnehmung der Beurteilenden herrührten und nichts mit objektiven Messkriterien zu tun hatte.

Lebenslauf nicht mehr nötig

Wie kann man’s besser machen? Das IT-Unternehmen Compose verlangt beispielsweise von den Bewerbern keinen Lebenslauf mehr, sondern lässt sie arbeitsbezogene Probleme lösen. Eine Reihe anderer Unternehmen bietet Analyse-Tools für den Bewerbungs-Prozess. Ausserdem ergibt es Sinn, die Antworten der diversen Bewerber horizontal statt vertikal zu vergleichen, damit die Antworten nicht die Wahrnehmung der Folgefrage beeinflussen können.

Alles in allem sollte die Fehleranfälligkeit einer ganzen Organisation im Auge behalten werden, anstatt Individuen von ihren möglichen Biases zu befreien:

We should stop wasting resources trying to de-bias mindsets and instead start to de-bias our hiring procedures. Work-sample tests, structured interviews, and comparative evaluation are the smart and the right things to do, allowing us to hire the best talent instead of those who look the part.

Quelle: Iris Bohnet, How to Take the Bias Out of Interviews, Harvard Business Review, April 18, 2016