Das Geschlecht ist nicht nur ein biologisches Faktum, es beeinflusst auch unser Entscheidungsverhalten. So stellen Psychologen beispielsweise fest, dass im Durchschnitt Frauen weniger aggressiv und weniger risikofreudig sind als Männer. Sind solche geschlechterspezifischen Unterschiede relevant beim Geldanlegen? Und falls ja – wie wirken sie sich auf den Erfolg beim Geldanlegen aus?
Sind Frauen oder Männer die besseren Investoren?
Wie eine Studie von Barber & Odean (2001) zeigt, treffen bei privaten Anlegern Frauen im Durchschnitt die besseren Anlageentscheidungen. Der Grund liegt darin, dass Frauen unnötige Transaktionen vermeiden, weil sie sich beim Geldanlegen weniger stark überschätzen. Doch wie robust ist dieses Resultat?
Studien über professionelle Anleger zeigen, dass weder die Tendenz zur Selbstüberschätzung noch der risikoadjustierte Anlageerfolg geschlechterspezifisch sind. Bliss und Potter (2002) analysierten die Portfolios von insgesamt 3200 weiblichen und männlichen Fondsmanagern im Aktienbereich. Sie fanden keine signifikanten Unterschiede im Umschichtungsverhalten zwischen männlichen und weiblichen Fondmanagern, die auf Unterschiede in der Selbstüberschätzung zurückgeführt werden könnten.
Sind also geschlechterspezifische Unterschiede in der Selbstüberschätzung nur bei Privatanlegern zu finden? Eine Studie von Hardies, Breesch, & Branson (2013) ging dieser Frage auf den Grund, indem sie den Grad der Selbstüberschätzung direkt untersuchte. Während männliche Studenten tatsächlich dazu tendierten, sich stärker zu überschätzen als ihre weiblichen Kolleginnen, zeigten sich berufstätige Experten unabhängig vom Geschlecht gleich stark von Selbstüberschätzung betroffen.
Warum verschwinden diese geschlechterspezifischen Merkmale in Bezug auf die Selbst-überschätzung bei berufstätigen Experten? Eine Untersuchung von Nekby, Thoursie, & Vahtrik (2008) kommt zum Schluss, dass ein möglicher Grund für das Fehlen von geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Selbstüberschätzung darin liegt, dass in männerdominierten Bereichen eine Art Selbstselektion stattfindet – dort treten nur Frauen ein, die glauben, überdurchschnittliche Fähigkeiten zu haben.
Anlageerfolg kann geschlechtsspezifisch sein, aber anders als erwartet
Gibt es dann geschlechtsspezifische Unterschiede im Anlageerfolg von professionellen Anlegern? Eine aktuelle Untersuchung von Aggarwal & Boyson (2016) zeigt, dass nach Berücksichtigung des eingegangenen Risikos weibliche und männliche Hedge Fund Manager etwa gleich abschneiden. Damit werden die Ergebnisse von anderen Unter¬suchungen bestätigt. Geschlechtsspezifische Unterschiede im Anlageerfolg sind weder bei Fondmanagern im Aktienbereich (Bliss und Potter (2002) noch im Bereich der festverzinslichen Anlagen (Atkinson, Boyce Baird, & Frye, 2003) zu finden.
Würde man allerdings nur die Fonds betrachten, die im Untersuchungszeitraum nicht geschlossen wurden, stellte man fest, dass die weiblichen Hedge Fund Manager besser abschneiden als ihre männlichen Kollegen. Es scheint so zu sein, dass unter den weiblichen Hedge Fund Managern nur die sehr guten überleben, während bei den männlichen Managern sowohl sehr gute als auch weniger gute Verwalter aktiv bleiben können. Auch wenn die weiblichen Manager besser abschneiden, scheinen sie damit die Kapitalgeber nicht zu überzeugen. Weibliche Hedge Fund Manager verwalten im Durschnitt $71.3 Mio. weniger als ihre männlichen Kollegen. Das ist ein wichtiger Unterschied, denn weniger Kapital bedeutet weniger ‘economies of scale’ und damit eine höhere Wahrscheinlichkeit das Geschäft schliessen zu müssen. Von diesem Risiko sind weibliche Hedge Fund Manager stärker betroffen als ihre männlichen Kollegen. Hedge Funds mit weiblichen Managern die unterdurchschnittlich viel Kapital verwalten, haben eine höhere Wahr¬scheinlichkeit das Geschäft aufgeben zu müssen als Hedge Funds mit männlichen Managern.
Zusammenfassend kann man sagen: Es gibt durchaus geschlechtsspezifische Unterschiede im Anlageerfolg. Diese zeigen sich aber vorwiegend bei Privatanlegern. Bei professionellen Anlegern scheinen sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede weniger bei den Managern selbst als vielmehr in den Köpfen der Kapitalgeber zu finden.
Dr. Kremena Bachmann ist Behavioral Finance Scientist an der Universität Zürich und an der ZHAW.
References
Aggarwal, R. K., & Boyson, N. M. (2016). The Performance of Female Hedge Fund Managers. Review of Financial Economics, 29, 23–36.
Atkinson, S. M., Boyce Baird, S., & Frye, M. B. (2003). Do female fund managers manage differently? The Journal of Financial Research, 26(1), 1–18.
Barber, B. M., & Odean, T. (2001). Boys Will Be Boys: Gender, Overconfidence, and Common Stock Investment. The Quarterly Journal of Economics, (February), 261–293.
Bliss, R. T., & Potter, M. E. (2002). Mutual Fund Managers: Does Gender Matter? Journal of Business & Economic Studies, 8(1), 1.
Hardies, K., Breesch, D., & Branson, J. (2013). Gender differences in overconfidence and risk taking: Do self-selection and socialization matter? Economics Letters, 118(3), 442–444. https://doi.org/10.1016/j.econlet.2012.12.004
Nekby, L., Thoursie, P. S., & Vahtrik, L. (2008). Gender and self-selection into a competitive environment: Are women more overconfident than men? Economics Letters, 100(3), 405–407. https://doi.org/10.1016/j.econlet.2008.03.005