Während der Adoleszenz vergeht die Zeit wie Kaugummi. Ständig fiebert man auf die wirklich wichtigen Ereignisse hin: Den nächsten Geburtstag, das kommende Wochenende, die nächsten Ferien, den ersten Urlaub ohne Eltern, den Führerschein. Und für Burschen: Die erste Rasur, den Stimmbruch und das erste Fahrzeug – und damit Freiheit.
Besonders männlichen Jugendlichen ist brennende Ungeduld eigen, die häufig in risikoreichen Entscheidungen mündet. Studien des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung sowie der Universität Berkeley haben sich mit der Wurzel dieses Phänomens beschäftigt: Schuld ist der plötzliche Anstieg des Testosteronspiegels in der Pubertät.
Belohnung gleich oder später?
Untersucht wurden 72 männliche Jugendliche zwischen elf und 14 Jahren. Sie mussten 80 Mal eine Entscheidung treffen, ob sie sofort einen kleineren oder später einen grösseren Geldbetrag wollten. Zusätzlich gaben sie zwei morgendliche Speichelproben ab, mit denen der Testosteronspiegel bestimmt wurde.
Die meisten entschieden sich für die unmittelbare Belohnung:
Etwa zwei Drittel der Studienteilnehmer entschieden sich im Durchschnitt für den kleineren Geldbetrag, der schneller zu haben war. Sensibilität in Bezug auf unmittelbare Belohnungen bringen die Wissenschaftler mit den Effekten des Testosterons auf bestimmte belohnungsbezogene Hirnregionen, wie dem Striatum, in Verbindung. Das rein chronologische Alter der Studienteilnehmer kann diese Sensibilität nicht erklären.
Die Schieflage betreffend der Reifung des subkortikalem, affektiven Striatum und des kortikalen kognitiven Kontrollnetzwerks im Gehirn mitsamt ihrer Verbindungen begradigt sich im Laufe der Pubertät wieder, und Jugendlichen fällt es dann wieder leichter, sich zu gedulden.
Zuvor lautet der Tipp der Wissenschaftler, die Heranwachsenden – wenn sie es verdient haben – lieber gleich zu belohnen, als ihre Geduld lange zu strapazieren, denn:
Impulsivität gehört zum Erwachsenwerden und ist Teil einer gesunden Entwicklung. Jugendliche eignen sich damit neue Fähigkeiten an, die sie als eigenständiges Individuum brauchen. Doch Jugendliche können sich mit ihrem impulsiven Verhalten auch schaden.
Quellen:
- Laube, C., Suleiman, A., Johnson, M., Dahl, R. E., & van den Bos, W. (2017). Dissociable effects of age and testosterone on adolescent impatience. Psychoneuroendocrinology, 80, 162-169. doi:10.1016/j.psyneuen.2017.03.012
- van den Bos, W., Rodriguez, C., Schweitzer, J. B., McClure, S. M. (2015). Adolescent impatience decreases with increased frontostriatal connectivity. Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA, 112, E3765-E3774. doi:10.1073/pnas.1423095112
- Nicole Siller, Mit steigendem Testosteronspiegel wächst die jugendliche Ungeduld, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, idw-online.de, 15.5.2017