Lukas, ein abenteuerlustiger Junge, sah im Nachbargarten eine seltene Blume und pflückte sie, um seiner Mutter ein Geschenk zu machen. Zuhause fragte seine Mutter, woher die Blume stammte. Vor Lukas entfaltete sich ein großes Dilemma: Sollte er nun die Wahrheit sagen und zugeben, dass er diese in Nachbars Garten gepflückt hat oder lügen, um Ärger zu vermeiden? Wenn Lukas jünger als zwei Jahre alt wäre, könnte er nicht lügen, da Kinder in diesem Alter das Konzept einer von der Wahrheit abweichenden alternativen Realität noch nicht begreifen können. Forschungen belegen, dass Lügen außerhalb der kognitiven Fähigkeiten von unter Zweijährigen liegt. Lügen reflektiert kognitive Reife, da es die Fähigkeit zeigt, über das Gegebene hinaus zu denken und komplexe Szenarien zu durchschauen. Studien legen nahe, dass intelligentere Kinder eher lügen, was ihre fortgeschrittene geistige Entwicklung und ein tiefes Verständnis für soziale Interaktionen unterstreicht. Wenn aber Lügen ein Aspekt des menschlichen Wachstums ist, stellt sich die Frage, wie wir Ehrlichkeit schätzen lernen. Was macht Ehrlichkeit zu einem Kernwert des gesellschaftlichen Miteinanders, wie formt sich unser Verständnis dafür, und wie können Mentoring-Programme zur Förderung einer Kultur der Ehrlichkeit beitragen?
Der Kern der Ehrlichkeit: Angeboren oder anerzogen?
Die Frage, ob Ehrlichkeit angeboren oder erlernt ist, steht im Zentrum der Debatte zwischen Natur (nature) und Erziehung (nurture) und beeinflusst unser Verständnis von Moral und Ethik mit Auswirkungen auf Erziehung, Justiz sowie soziale Interaktion. Die bahnbrechende Studie von Johannes Abeler, Professor an der University of Oxford, und seinem Team untersucht, wie kindliche Erfahrungen Ehrlichkeitsmuster prägen und hinterfragt, ob unsere Neigung zur Ehrlichkeit oder Unwahrheit genetisch bedingt oder durch das soziale Umfeld geformt ist. Um den kausalen Effekt des sozialen Umfelds auf die Präferenz für Ehrlichkeit zu untersuchen, haben Johannes und sein Team eine Stichprobe von Kindern mit niedrigem sozioökonomischem Status in Deutschland einem einjährigen Mentoring-Programm zufällig zugeteilt. Die Kinder verbrachten wöchentlich Zeit mit Mentoren in interaktiven Aktivitäten wie Kochen und Sport. Doch das Mentoring-Programm, konzipiert von Prof. Abeler und seinem Team, war aber weit mehr als nur eine Reihe von Treffen zwischen Kindern und ihren Mentoren. Es war sorgfältig darauf ausgelegt, eine Umgebung zu schaffen, in der die Kinder nicht nur neue Erfahrungen sammeln, sondern auch über die Konsequenzen ihres Handelns reflektieren konnten. Die Mentoren waren angehalten, Aktivitäten zu wählen, die nicht nur Spaß machten, sondern auch Gelegenheiten boten, über Themen wie Verantwortung, Konsequenzen von Entscheidungen und die Bedeutung von Ehrlichkeit und Vertrauen zu sprechen. Und das zeigte Wirkung: Die Studie von Johannes und seinem Team zeigte, dass Kinder im Mentoring-Programm ehrlicher wurden: 58 Prozent der Kontrollgruppe, aber nur 44 Prozent der Programmteilnehmer neigten zum Lügen, was die Effektivität des Mentorings unterstreicht. Nachfolgende Untersuchungen zeigten auch, dass damit bei den Teilnehmern des Mentorings-Programms auch langfristige und anhaltende Verhaltensänderung erzielt werden konnten.
Die Umwelt ist entscheidend
Das Experiment von Johannes und seinem Team bestätigte, dass Umwelteinflüsse entscheidend für die Entwicklung ethischer Werte wie Ehrlichkeit sind. Die Studie zeigt, dass Ehrlichkeit nicht rein angeboren ist und durch positive Umfeldbeziehungen geformt werden kann. Das Mentoring-Programm verdeutlicht auch, wie Ehrlichkeit gestaltet werden kann und betont die Rolle, die Mentoren, Erzieher, Eltern und Gemeinschaftsmitglieder bei der Förderung einer Kultur der Ehrlichkeit und Integrität spielen. Dies unterstreicht die Bedeutung, eine förderliche Umgebung für die nächste Generation zu schaffen, um wahrhaftiges Verhalten zu erlernen und zu praktizieren.
Ehrlichkeit als Schlüssel für sozialen Zusammenhalt
Die Forschung von Johannes und seinem Team liefert wichtige Erkenntnisse für das gesellschaftliche Zusammenleben und betont die Rolle von Eltern und Erziehern bei der Förderung von Ehrlichkeit bei Kindern. Sie zeigt, wie durch Vorleben von Ehrlichkeit ein Fundament für Werte wie Integrität gelegt werden kann. Für Politiker verdeutlicht die Studie, dass in Zeiten schwindenden Vertrauens in Institutionen die Förderung von Ehrlichkeit essenziell für die gesellschaftliche Stabilität ist. Transparenz, offene Kommunikation und Unterstützung von Bildungsprogrammen, die Ehrlichkeit stärken, sind Schlüssel zu sozialem Zusammenhalt. Die Digitalisierung stellt Ehrlichkeit vor neue Herausforderungen und bietet Chancen, birgt aber auch Risiken: Während soziale Medien und digitale Kommunikation zu unvergleichlicher Vernetzung führen, kann die Anonymität im Netz zu Unehrlichkeit verleiten. Um Ehrlichkeit in der digitalen Welt zu stärken, sind Bildung und Medienkompetenz entscheidend. Digitale Plattformen können durch positive Feedback-Mechanismen und authentische Interaktionen Ehrlichkeit fördern.
Fazit: Nutzen wir die Möglichkeiten, um die Welt ehrlicher zumachen
Die Forschung zur Ehrlichkeit, insbesondere in unserer digitalisierten Gesellschaft, eröffnet Wege, das gesellschaftliche Miteinander zu verbessern. Ehrlichkeitsprinzipien können in Bereichen wie Erziehung, Politik und digitale Welten angewandt werden, um Vertrauen zu fördern und ein wertschätzendes soziales Umfeld zu schaffen. Diese Erkenntnisse ermöglichen es, eine Kultur der Ehrlichkeit zu etablieren, die zu einer stärkeren, integren und zufriedeneren Gemeinschaft beiträgt.
Johannes Abeler: «Ehrlichkeit» bei der Digital Academy of Behavioral Economics
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