Kunden sind auch nur Menschen – und daher keine perfekten Wesen. Nur in den seltensten Fällen können sie ihre Kaufentscheidungen rational und bestens informiert treffen. Müdigkeit trägt dazu bei, Ablenkung ebenfalls, dazu kommt noch kognitive Erschöpfung aufgrund bereits getroffener Entscheidungen. Wie Kunden trotz all dem zu einem Produkt geleitet werden können, versucht man immer häufiger mit der Kombination aus klassischem Marketing und evidenten Daten aus verhaltensökonomischen Experimenten zu erklären.
Dazu gehört die Einsicht, dass unser Verstand in etwa so arbeitet, wie es in Zeichentrickfilmen gerne dargestellt wird: Auf der einen Schulter sitzt das sprunghafte Teufelchen, auf der anderen der erleuchtete Engel – und wer gewinnt, ist von vielen Faktoren abhängig. Dazu Nathan Novemsky vom Center for Customer Insights in Yale:
One of the broadest and most important insights into consumer choice is the fact that people often think about things very intuitively rather than deliberatively. (Quelle)
Das intuitive System, auch System 1 genannt, ist sehr empfänglich für subtile Hinweise und wirkt in alltäglichen Kaufsituationen besonders entscheidungsmächtig. Für ein Kalkulieren einzelner Produkte durch das rationale System 2 bleibt im Supermarkt einfach zu wenig Zeit. Nicht umsonst stellt der Handel die interessantesten Produkte auf Sichthöhe, denn dort greift Kunde aus Gewohnheit am ehesten hin. Ein klarer Fall von Choice Architecture, die auf dieses Verhalten abgestimmt ist.
Ganze Zahlen statt Prozentsätze
Ein weiteres Beispiel, wie die Dominanz des Systems 1 im Marketing genützt werden kann: Das Versprechen eines Rabatts von 50 CHF ab einem Kauf im Wert von 35 CHF funktioniert viel besser als die Botschaft dass von einem Kauf im Wert von 50 CHF dann 30 Prozent abgezogen werden. Wir Menschen können einfache Rechnungen mit ganzen Zahlen einfach schneller und intuitiver verarbeiten.
Wer Verhaltensökonomie im Marketing nutzt, lernt vor allem, dass die Präferenzen von Kunden sehr dynamisch sind und von vielen Treibern beeinflusst werden, die mal aktiv und mal latent sind. All das muss dann gezielt bearbeitet werden – mit dem grossen Vorteil, dass einem dafür bereits eine Vielzahl von Daten zur Verfügung steht, deren Validität dann noch durch eigene Experimente vertieft werden kann.
Oder wie Heather Fitzgerald vom Yale Center for Customer Insights zusammen fasst:
These types of questions and lines of inquiry, once far from the minds of marketers, are of central importance today as behavioral economics fills out the modern consumer portrait. If competitiveness is synonymous with understanding what makes consumers tick, then it’s also now synonymous with behavioral economics.