Reziprozität: Wer nett zu Verkäufern nett ist wird auch belohnt

Wissenschaftler der Uni Innsbruck haben die Wirkung von Lob und Trinkgeld gemessen. Fazit: Komplimente sind besonders nachhaltig.

Reziprozität: Wer nett zu Verkäufern nett ist wird auch belohnt

Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg’ auch keinem andern zu!” Diese Goldene Regel nach Kant nennt man in den Sozialwissenschaften Reziprozität – die Gegenseitigkeit des sozialen Austausches. Womit natürlich auch die umgekehrte Seite gemeint ist: Wer freundlich ist, darf sich auch eine dementsprechende Reaktion erwarten.

Zwei Wirtschaftswissenschaftler der Universität Innsbruck wollten den Wert einer netten Begegnung in Zahlen giessen und gingen dafür ins Feld. Genauer gesagt kauften die Forscher und ihre Gehilfen ingesamt über 100 Tüten Eis und 800 Döner-Wraps in Innsbruck, Graz und München und kontrollierten dabei, wie grosszügig bemessen die Portionen nach einem guten Trinkgeld und netten Worten ausfielen.

In der ersten Phase wurde das Trinkgeld in Fastfood-Restaurants schon bei der Bestellung gegeben oder auch “nur” mit Komplimenten geordert. Danach besuchten die Forscher innerhalb einer Woche dreimal hintereinander denselben Kebab-Stand und bestellten nach demselben Muster. Immer wurden die Portionen nach der Bestellung vermessen.

Lob wirkt langfristiger

Das Ergebnis:

[…] wer schon bei der Bestellung Trinkgeld gibt und nett zu den Verkäufern ist, erhält deutlich mehr Ware als andere Kunden: 10% mehr Eis bei Komplimenten und 17% mehr beim Trinkgeld. Zieht man die Kosten des Trinkgelds wieder ab, fällt der Wert allerdings auf 7%.

Die Kebab-Bestellungen bestätigten dies und brachten ausserdem die Erkenntnis, dass Trinkgeld über längere Zeit gleichmässig grössere Portionen zur Folge hatte. Lob allerdings verstärkte die Wirkung deutlich – nach fünf Besuchen sogar mehr als Trinkgeld

Das Resümee von Studien-Mitautor Michael Kirchler:

Reziprozität ist ein Konzept aus den Sozialwissenschaften, nach dem sich die Wichtigkeit von Lob und Anerkennung evolutionsbedingt sehr früh im Menschen entwickelt hat, da sie einen besseren Status in der jeweiligen Gesellschaft begründeten. Wir zeigen mit unserer Studie, wie dieses Prinzip in heutigen Konsumentscheidungen nach wie vor wirkt, und dass immaterielle Anreize wie Anerkennung und Lob wohl unterschätzt und monetäre Anreize eher überschätzt werden.

Quellen:

Dr. Christian Flatz, Wirtschaftsforscher: Nett sein kann sich lohnen, Büro für Öffentlichkeitarbeit und Kulturservice, Universität Innsbruck, 16.8.2017

Michael Kirchler, Stefan Palan, Immaterial and monetary gifts in economic transactions: evidence from the field, Experimental Economics 2017. DOI: 10.1007/s10683-017-9536-1 (Open Access)