Warum Investieren in Immobilien beliebt ist und bleibt

Trotz der langfristig gesehen mageren Rendite glauben viele, dass das Investieren in Immobilien eine gute Idee ist. Tatsächlich verliert man, vor allem bei langer Haltedauer, mit Immobilien selten Geld. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass die Wahrnehmung von Immobilientransaktionen zu wenig von den effektiven realen Renditen beeinflusst wird, sondern oftmals schlicht davon, ob dabei Geld gewonnen oder verloren wird.

Warum Investieren in Immobilien beliebt ist und bleibt
Trotz der langfristig gesehen mageren Rendite glauben viele, dass das Investieren in Immobilien eine gute Idee ist. Tatsächlich verliert man, vor allem bei langer Haltedauer, mit Immobilien selten Geld. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass die Wahrnehmung von Immobilientransaktionen zu wenig von den effektiven realen Renditen beeinflusst wird, sondern oftmals schlicht davon, ob dabei Geld gewonnen oder verloren wird.

Im Zuge der 2007 beginnenden Wirtschaftskrise erlitten Hausbesitzer vieler Länder erhebliche Verluste. Die Preise sind seitdem sowohl nominell als auch real gesunken – in den USA beispielsweise sind die realen Preise für Immobilien im ersten Quartal 2012 um mehr als 40% unter ihren Höchststand gerutscht (Shiller 2012).

Dennoch gehören Immobilien nach wie vor zu den beliebtesten Investitionsobjekten. Diese Popularität ist überraschend, denn im Laufe der Nachkriegszeit blieben die realen Preise des US-amerikanischen Immobilienmarktes auf einem relativ niedrigen Stand, während sich die amerikanischen Börsenwerte im selben Zeitraum mehr als vervierfachten.

In nominellen statt realen Werten sehen die Veräusserungsgewinne des US-Immobilienmarktes deutlich attraktiver aus. Von 1946 bis 2012 legten die Nominalpreise eine zwölffache Steigerung hin. Auf die einzelnen Jahre gerechnet haben Immobilieninvestments fast immer Geld gebracht (in 58 von 66 Jahren), während real in derselben Zeit häufiger Verluste als Gewinne entstanden (36 versus 30 Jahre).

Die Änderung im Marktwert ist natürlich nur ein Teil des gesamten Return on Investment, was Vergleiche von Anlageformen schwierig macht – Immobilien bieten z.B. einen direkten Nutzwert in Form eines Dachs über dem Kopf, Aktien schütten typischerweise Dividenden aus. Dennoch bleibt der Marktwert aufgrund der möglichen monetären Verluste insbesondere in psychologischer Hinsicht relevant. Es ist bestens bekannt, dass Verluste im Urteil vieler Menschen schwerer wiegen als entsprechende Gewinne (Kahneman und Tversky 1979), aber die Ergebnisse unserer Studie (ausführlicher nachzulesen auf VoxEU) deuten auf eine ganz besondere Art von Verlustaversion hin, nämlich die Aversion, Geld zu verlieren (nominal loss aversion).

Wahrnehmung von Investitionen

In einer kürzlich erschienen Arbeit zeige ich gemeinsam mit Thomas Stephens, dass die Wahrnehmung der Vorteilhaftigkeit von Immobilientransaktionen stark davon abhängt, ob diese mit einem Gewinn oder Verlust von Geld einhergehen, selbst wenn die realen Verluste konstant gehalten werden. Unsere Studie basiert auf einer umfangreichen und heterogenen Stichprobe und knüpft an Untersuchungen des US-Immobilienmarktes an, die veranschaulichen, dass Hauseigentümer nach nominellen Verlusten nur ungern verkaufen (Anenberg 2011, Engelhardt 2003, Genesove 2003, Genesove und Mayer 2001).

Ausgangspunkt unserer Studie ist der Umstand, dass reale und nominelle Verluste nicht unbedingt gleichzusetzen sind. Bei Vorliegen von Inflation fallen diese auseinander. Man stelle sich z.B. vor, ein Haus für $ 200.000,- in bar zu kaufen und es einige Jahre später für $ 170.000,- wieder zu veräussern. Hätte es während der Haltedauer keine Inflation gegeben, würde der nominelle und reale Verlust bei 15% liegen. Bei Vorliegen einer niedrigen und stabilen Inflationsrate würde sich der in Geldgrössen gemessene Verlust jedoch schnell auflösen und als Gewinn erscheinen. Damit würde der reale Verlust in den Köpfen der Investoren weniger „sichtbar“ sein bzw. weniger schwer wiegen. Läge die Inflationsrate z.B. bei 2%, würde ein effektiver (realer) Verlust von 15% innerhalb von neun Jahren als ein nominaler Gewinn erscheinen.

Um den Einfluss rein monetärer Gewinne versus Verluste auf die Wahrnehmung zu messen, präsentierten wir unseren Versuchspersonen hypothetische Immobilientransaktionen – den Kauf und anschliessenden Verkauf eines Hauses – und liessen sie die Vorteilhaftigkeit dieser Geschäfte bewerten. Keine der Transaktionen war in Wirklichkeit vorteilhaft: sie alle gingen mit kleineren oder grösseren realen Verlusten einher. Allerdings wurde jede Transaktion zweimal (auf separaten Bildschirmen) präsentiert: Einmal mit niedriger Inflationsrate inklusive dem damit einhergehenden Verlust von Geld und einmal mit hoher Inflationsrate, so dass ein nominaler Gewinn winkte. Der reale Verlust wurde dabei konstant gehalten.

Ein grosser Vorteil unseres Probanden-Pools ist der Zugriff auf ausführliche sozioökonomische Daten (bereitgestellt vom Statistischen Amt in Dänemark) sowie auf detaillierte Testergebnisse der kognitiven Fähigkeiten und der Persönlichkeit unserer Versuchspersonen. Dieser Datensatz erlaubt es uns zu untersuchen, wer besonders anfällig ist, sein bzw. ihr Urteil von rein geldmässigen Verlusten abhängig zu machen. Es zeigte sich, dass sich gebildetere Menschen und solche mit höherem Einkommen durch rein monetäre Gewinne oder Verluste weniger blenden lassen und ihr Urteil stattdessen (rationalerweise) vermehrt auf die realen Veränderungen stützen. Ausserdem finden wir, vielleicht überraschenderweise, dass Immobilienbesitz keinen Einfluss auf die Wahrnehmung der Vorteilhaftigkeit hat. Das heisst, wir finden, dass Menschen, die selbst solche Transaktionen durchgeführt haben (unter sonst gleichbleibenden Verhältnissen), für die Täuschung nicht weniger empfänglich sind.

Besonders stark korrelieren die gemessenen kognitiven Fähigkeiten mit dem Ausmass der verzerrten Wahrnehmung. Als wichtigsten Aspekt der kognitiven Fähigkeiten identifizieren wir nicht etwa die Intelligenz per se, sondern das „kognitive Reflexionsvermögen“ (Frederick 2005). Es handelt sich dabei um die Disposition, sich auf langsamere und abwägende kognitive Prozesse einzulassen anstatt schnelle, intuitive Urteile zu fällen. Im Rahmen der Studie liessen sich Probanden mit höheren kognitiven Fähigkeiten weniger wahrscheinlich von rein monetären Gewinnen oder Verlusten blenden.

Um die Aversion, Geld zu verlieren vom schlichten Denken in Geldgrössen (eine Art von Geldillusion) zu unterscheiden, führten wir ein zweites Experiment durch. Dieses präsentierte den Versuchspersonen hypothetische Immobilientransaktionen mit realen Verlusten und Gewinnen. Wie oben erklärt, kann Inflation reale Verluste kaschieren, d.h. als nominalen Gewinn erscheinen lassen. Gegeben einen realen Gewinn bewirkt höhere vs. tiefere Inflation einfach, dass die Transaktion mit einem höheren oder tieferen Geldgewinn einhergeht. Es zeigte sich, dass eine höhere Inflation bei konstant gehaltenen realen Gewinnen keine wesentliche Auswirkung auf die Einschätzungen hatte. Menschen scheinen, wenn sie über Immobilientransaktionen nachdenken, also nicht einfach in bloss in Geldgrössen zu denken (d.h. der Geldillusion generell zu erliegen), sondern wollen einfach kein Geld verlieren.

Zusammenfassend zeigt die Studie, dass die grosse Beliebtheit von Immobilieninvestitionen zumindest teilweise durch die Aversion, Geld zu verlieren, erklärt werden kann. Selbst wenn die Investition in Wirklichkeit (d.h. real) ein Verlustgeschäft war, erscheint sie in einem inflationären Umfeld (insbesondere bei langer Haltedauer) als „illusionärer“ Gewinn und wird als (einigermassen) gutes Investment beurteilt. Resultiert hingegen auch ein Geldverlust, beurteilen die meisten Investoren sie als schlechtes Investment. Unsere Studie zeigt, dass sich viele Menschen von solchen illusionären Gewinnen bzw. Verlusten blenden lassen – ein Faktor, der in der Wirtschaftswissenschaft bisher kaum beachtet wurde. Wir finden keine Belege dafür, dass Immobilienbesitz diesen Bias reduzieren würde, jedoch starke Hinweise, dass höhere Bildung und kognitive Reflexion dies bewirken. Diese Ergebnisse legen nahe, dass eine bessere Bildung in Finanzangelegenheiten die Tendenz zum übertriebenen Investieren in Immobilien reduzieren könnte.

Dieser Text ist eine bearbeitete und gekürzte Übersetzung eines gemeinsam mit Thomas Alexander Stephens verfassten Beitrags auf VoxEU.

Anenberg, E. (2011), “Loss Aversion, Equity Constraints and Seller Behavior in the Real Estate Market”, Regional Science and Urban Economics, 41(1), 67-76.

Engelhardt, G.V. (2003), “Nominal Loss Aversion, Housing Equity Constraints, and Household Mobility: Evidence from the United States”, Journal of Urban Economics, 53(1), 171-195.

Fannie Mae (2012), “Fannie Mae National Housing Survey”, First Quarter.

Frederick, S. (2005), “Cognitive Reflection and Decision Making”, Journal of Economic Perspectives, 19(4), 25-42.

Genesove, D. (2003), “The Nominal Rigidity of Apartment Rents”, Review of Economics and Statistics, 85(4), 844-853.

Genesove, D. and C. Mayer (2001), “Loss Aversion and Seller Behavior: Evidence from the Housing Market”, Quarterly Journal of Economics, 116(4), 1233-1260.

Hasanov, F. and D.C. Dacy (2009), “Yet Another View on Why a Home Is One’s Castle”, Real Estate Economics, 37(1), 23-41.

Kahneman, D. and A. Tversky (1979), “Prospect Theory: Analysis of Decision under Risk”, Econometrica, 47(2), 263-291.

Shiller, R.J. (2012), Online data, accessed 4 November, http://www.econ.yale.edu/~shiller/data.htm.

Stephens, T.A. and J.-R. Tyran (2012), “’At Least I Didn’t Lose Money’ – Nominal Loss Aversion Shapes Evaluations of Housing Transactions”, CEPR discussion paper, DP9198.