Entscheidungen werden selten unabhängig von anderen Menschen getroffen, seien es nun Familienmitglieder oder Arbeitskollegen. Man stelle sich nur ein typisches Grossraumbüro vor, wo ständig Neuigkeiten und Gerüchte ausgetauscht werden. Von einem isolierten Dasein der einzelnen Mitarbeiter kann hier kaum die Rede sein.
Eine Untersuchung von Martin Kocher, Michal Krawczyk und Fabrice Le Lec an der Ludwig-Maximilians-Universität München hat nun gezeigt, dass der jeweilige soziale Kontext auch sehr stark auf die Risikopräferenzen des Einzelnen wirken kann. Das Experiment bestand aus Diktatorspielen und jeweils einer Serie risikoreicher Entscheidungen im sozialen Kontext bzw. auf individueller Basis.
Es zeigte sich, dass Menschen in einem sozial dichten Umfeld deutlich risikofreudiger agieren als allein. Das bedeutet auch, dass diese Dynamik Manager und ihre Unternehmen stark beeinfluss kann. Es handelt sich hier um eine Principal-Agent-Situation, wo der Principal vom Arbeitgeber oder Eigentümer und der Agent von Arbeitnehmern oder den Vorständen verkörpert wird.
Affinität zum Risiko: ein Teufelskreis?
Der Grund: Wenn sich das Risikoverhalten von Principal und Agent nicht deckt, kann das mit der unterschiedlichen sozialen Umgebung des (einsamen) Principals und der (sozial interagierenden) Agenten zu tun haben.
Um dies zu illustrieren, reicht es, sich eine typische Bank vorzustellen: Einige ihrer Mitarbeitern schneiden immer besser ab als andere – vor allem dann, wenn sie zuvor höhere Risiken eingingen. Das ist eine sozial ungünstige Situation für die anderen. Sie gehen nun nun noch grössere Risiken ein, um die Ergebnisse der Kollegen zu übertreffen – was diese wiederum zu riskanteren Entscheidungen anregt.
Zugegeben, dieser Kreislauf birgt grosses Potenzial für die gute Performance einer Bank oder eines anderen Unternehmens. Doch gleichzeitig kann er auch zu inakzeptablen Risiken und in prekäre Situationen führen.
Für die Ökonomen steht die experimentelle Forschung zu diesem Thema zwar erst am Anfang, doch eines zeige sich – so die Conclusion des Papers – schon jetzt klar:
Social context matters and there are certain aspects (such as the relative position within a reference group) that seem to play a crucial role in shaping elicited risk attitudes in social situations.