Warum es sich lohnt, Frauen in Unternehmen gezielt zu fördern

Gängige Vorurteile täuschen nur allzu leicht darüber hinweg, dass es sich durchaus lohnt, über geschlechtsspezifische Verhaltensmuster zu forschen, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Daraus abgeleitete Massnahmen sind für Unternehmen ein Gewinn.

Warum es sich lohnt, Frauen in Unternehmen gezielt zu fördern
Foto: istockphoto

Wer über die Unterschiede zwischen Männern und Frauen nachdenkt, begibt sich zwangsläufig auf gefährliches Terrain. Es sind vor allem die über lange Jahre gewachsenen Klischees, die hier bei vielen Themen eine sachliche Diskussion stören: Frauen können nicht einparken, Männer können nicht zuhören. Frauen kaufen am liebsten Schuhe ein, Männer arbeiten am liebsten hart und lang.

So eine Liste voller Vorurteile täuscht allzu leicht darüber hinweg, dass es sich durchaus lohnt, über geschlechtsspezifische Verhaltensmuster zu forschen, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen – sei es beim Thema Frauenquoten in Unternehmen, sei es beim Thema Finanzen. Zu beiden Bereichen haben die Forschungen und Experimente der Verhaltensökonomie schon viel beigetragen.

Zwischen Klischee und Wirklichkeit

So wissen wir etwa, dass Frauen tendenziell mehr sparen als Männer. Ebenfalls ist evident, dass sie ihr Erspartes vernünftiger anlegen und dass sie weniger dazu neigen, sich selbst zu überschätzen. Ausserdem wurde immer wieder beobachtet, dass Frauen sich in Wettbewerbssituationen deutlich defensiver verhalten als Männer.

In diesem Zusammenhang sind auch die Experimente des Ökonomen Stefan Palan von der Universität Graz zu erwähnen: Er hat gemeinsam mit seinem Kollegen Stephen Cheung nicht nur gezeigt, dass sich Männer in Experimenten generell risikofreudiger und selbstbewusster als Frauen verhalten, sondern auch, dass sich dieses Selbstvertrauen weiter steigert, wenn sie in reinen Männerteams zusammen arbeiten. Erst wenn Frauen dazu stossen, geben auch Männer bescheidenere Ziele an.

Interessant ist aber vor allem, wie die Ergebnisse von Palans Experimenten im Durchschnitt ausfallen: Reine Männerteams handeln aggressiver als gemischte und deutlich aggressiver als Frauenteams. Daher sind Gewinne und Verluste in Männerteams höher. Langfristig sind gemischte und reine Frauengruppen allerdings gleich erfolgreich.

Lohnt es sich Frauen zu fördern?

So werden nicht nur diverse Klischees widerlegt, sondern es stellt sich auch die Frage, was all diese Ergebnisse für die Gesellschaft und Unternehmen bedeuten können – und vor allem: Ob es sich lohnt, Frauen gezielt zu fördern und dabei auf typische Verhaltensmuster wie etwa die Präferenz für Teamarbeit Rücksicht zu nehmen?

Für einen in “Science” publizierten Artikel haben mein Kollege Loukas Balafoutas und ich untersucht, unter welchen Bedingungen sich Frauen vermehrt dem Wettbewerb stellen. Schliesslich liegt der Schluss nahe, dass die geringere Wettbewerbsneigung von Frauen auch dafür verantwortlich ist, dass Frauen im Durchschnitt weniger verdienen und in vielen Unternehmen bei höheren Positionen der Frauenanteil immer noch sehr gering ist. Die Ergebnisse unserer Experimente waren deutlich: Werden Frauen in Wettbewerbssituationen bevorzugt behandelt (etwa durch eine strikte Quotenregelung), regt sie das zu mehr Wettbewerb an und sie können ihre Fähigkeiten besser ausspielen.

Frauenquoten in der Praxis: ein Erfolg

Wie sich so eine Quotenregelung in der Praxis auswirkt, lässt sich in Norwegen beobachten, wo die Regierung im Dezember 2003 eine Frauenquote von mindestens 40 Prozent für Sitze in allen Verwaltungsräten der 600 börsennotierten Unternehmen beschloss. Evaluationen zeigen, dass der Frauenanteil in den norwegischen Verwaltungsräten heute 39 Prozent beträgt.

David Matsa, Professor der Kellog School of Management, und Amalia Miller, Professorin der University of Virginia, haben beobachtet, dass Firmen, die die Quote bereits erfüllen, in den vergangenen Jahren weniger Leute entliessen, höhere Personalaufwendungen hatten und weniger Gewinn erzielten. Doch gleichzeitig schnitt der Börsenindex von Oslo, der OBX, seit Einführung der Quote um rund zehn Prozent besser ab als der SMI in der Schweiz, wo es keine Quotenregelung gibt. Die beiden Ökonomen vermuten daher, dass hier bereits der Unterschied zwischen kurzfristigem männlichem Denken und langfristigem weiblichen Denken wirken könnte.

Oder anders formuliert: Frauen sorgen vielleicht weniger für schnelle Gewinne, dafür aber für nachhaltige Steigerungen bei der Performance. Es braucht, und vor allem das zeigt das Beispiel Norwegen, allerdings die entsprechenden Rahmenbedingungen, um die Vorteile auch zu fördern, die geschlechtsspezifische Verhaltensmuster mit sich bringen können. Dann sind Massnahmen zur Frauenförderung auf jeden Fall ein Gewinn.

Website von Prof. Matthias Sutter