Das Spendenvolumen ist in den vergangenen Jahrzehnten immens gestiegen. In den USA haben Privatpersonen 1971 für wohltätige Zwecke rund $130 Milliarden aufgewendet, mittlerweile sind es beinahe $300 Milliarden jährlich geworden, was fast 2 Prozent des BIP entspricht. Auch Schweizerinnen und Schweizer gelten als spendabel – rund 3 Milliarden Franken wurden im vergangenen Jahr von Stiftungen, Unternehmen und Privaten für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung gestellt.
Doch warum spendet der Mensch eigentlich? Und warum spendet – bei ähnlichen Voraussetzungen – der eine mehr und der andere weniger? Die Gründe für diese individuellen Verhaltensmuster sind noch nicht restlos geklärt, doch die Ergebnisse eines kürzlich publizierten Feldexperiments aus Berkeley geben weitere Hinweise für Antworten auf diese Fragen.
Aufbauend auf einer Untersuchung von DellaVigna et al. wurden Spendensammler unangekündigt von Tür zu Tür geschickt. Es zeigte sich, dass die Öffnenden – egal, ob Männer und Frauen – bei diesem Treatment ähnlich freigiebig waren. Sobald die Bewohner jedoch per Flyer vorab über die Sammelaktion informiert wurden, blieb so manche Tür verschlossen – die durchschnittliche Höhe der Pro-Kopf-Spenden änderte sich im Vergleich zur unangekündigten Aktion jedoch nicht. Als die Flyer in einem weiteren Versuchsdurchgang via Opt-Out die Möglichkeit einräumten, nicht besucht zu werden, fiel auch das individuelle Spendenvolumen ab.
Die Flucht vor dem direkten “Nein”
Die Versuchsanordnung mit den Flyern erlaubt, zwischen echtem Altruismus und Geldspenden zu unterscheiden, die aufgrund sozialer Gründe (die direkte Konfrontation mit dem Spendensammler) zustande kamen. Und so fiel auf, dass zum Beispiel die Spendabilität der Frauen deutlich zurückging, wenn sie den Spendensammler nicht von Angesicht zu Angesicht abweisen mussten.
Die Studienautoren Stefano DellaVigna, John A. List, Ulrike Malmendier und Gautam Rao versuchen, dieses Phänomen mit einer vergleichsweise weniger starken Neigung zum Altruismus zu erklären. Eine weitere Versuchsanordnung scheint dies übrigens zu bestätigen: Der Wille, an einer unbezahlten Befragung über freiwillige Spenden teilzunehmen, war bei den weiblichen Bewohnern im Rahmen der Feldstudie weniger gross als bei Männern.
Fazit:
- Es sind Geschlechterunterschiede im Spendenverhalten zu beobachten.
- Unter dem Einfluss bestimmter sozialer Faktoren scheinen Frauen grosszügiger zu sein und mehr zum Wohl der Öffentlichkeit beisteuern zu wollen.
- Wenn Frauen allerdings die Möglichkeit bekommen, ohne sozialen Druck „Nein“ zu sagen, geht ihre Spendenbereitschaft deutlich zurück.
The Importance of Being Marginal: Gender Differences in Generosity»