Der IKEA-Effekt in Marketing und Management

Der vom Ökonomen Michael Norton geprägte IKEA-Effekt hält nicht nur Empfehlungen fürs Marketing bereit. Er kann auch im Management Auswirkungen zeigen.

Der IKEA-Effekt in Marketing und Management

Der wahrscheinlich berühmteste Inbusschlüssel der Welt. Foto: IKEA

Seit der Ökonom Michael Norton (gemeinsam mit Daniel Mochon und Dan Ariely) im Jahr 2009 den Begriff geprägt hatte, brachte es der IKEA-Effekt in der Verhaltensökonomie zu etwas Berühmtheit. Er beschreibt eine faszinierende Eigenheit der menschlichen Existenz: die Überbewertung, die wir selbst entworfenen oder selbst zusammengebauten Gegenständen im Vergleich zu fertig gekauften Massenprodukten entgegen bringen.

Benannt ist dieser Effekt nach dem schwedischen Möbelhaus IKEA, das seit jeher seine Kunden aus Kostengründen die Möbel selbst montieren lässt. Diese Möbel sind zwar Massenartikel, doch wie die Experimente von Norton zeigen (Das erste Paper “The IKEA Effect: When Labor Leads to Love” erschien im Februar 2009 in Harvard Business Review), bringen die Kunden ihnen Dank der eigenhändigen Montage eine gesteigerte Wertschätzung entgegen, die fast so gross ist wie die für ein individuell durch einen Handwerker gefertigtes Einzelstück. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die eigene Arbeit erfolgreich abgeschlossen wurde. Mussten die Versuchspersonen die im Rahmen des Experiments selbst zusammengebauten Objekte wieder zerlegen, zeigte sich keine statistisch signifikante Erhöhung der Wertschätzung.

Der IKEA-Effekt gilt nicht nur eine Bestätigung dafür, dass es sich für Unternehmen auszahlen kann, seine Kunden in Bereichen wie Produktdesign und -fertigung einzubeziehen. Es lassen sich auch zahlreiche Erkenntnisse für Marketing und Management daraus gewinnen.

IKEA-Effekt im Marketing

Der Vorteil der fallenden Produktionskosten, wenn Kunden ihre Möbel selbst montieren, liegt auf der Hand. Doch gleichzeitig stellt sich auch die Frage, wie man abseits von Möbeln seine Kunden in Arbeitsprozesse einbinden und dabei gleichzeitig ihre Wertschätzung für ein Produkt oder eine Marke erhöhen kann.

Wichtig dabei ist vor allem, dass die an Kunden ausgelagerten Aufgaben nicht zu kompliziert sind und auch schnell zum Erfolg führen. Denn – auch das haben Nortons Experimente gezeigt – bei Misserfolgen verpufft der IKEA-Effekt, die übermässige Wertschätzung ist dahin.

IKEA-Effekt im Management

Die Überbewertung, die beim IKEA-Effekt auftritt, kann auch beim Management eines Unternehmens auftreten – und dort gravierende Spuren hinterlassen: Zum Beispiel bei so genannten Sunk Cost-Effekten. Sunk Costs beschreiben Kosten, die bereits entstanden sind und nicht rückgängig gemacht werden können – daher die Bezeichnung „versunken“. Sie dürften bei einer rationalen Entscheidung zwischen Handlungsalternativen eigentlich nicht berücksichtigt werden, führen aber trotzdem immer wieder dazu, dass Manager Ressourcen für bereits gescheiterte Projekte bereit stellen, weil sie das auch früher getan haben. Ebenfalls in diesem Zusammenhang ist das Not-Invented-Here-Syndrom zu sehen, die abwertende Nichtbeachtung von bereits existierendem Wissen, weil Manager die im eigenen Unternehmen entwickelten Ideen überbewerten, die sie vielleicht sogar selbst entwickelt und umgesetzt haben.

Überhaupt tritt der IKEA-Effekt im Management am deutlichsten bei innovativen Projekten auf, die ein Team von der ersten Idee bis zur Umsetzung begleitet hat. Mit dem einzigen Unterschied, dass sich Möbel leichter zerlegen lassen als unternehmerische Projekte. Das Zerlegen der Möbel, mit dem im Experiment der Effekt der Überbewertung ausgeschaltet werden konnte, wird also im Management ungleich schwerer herbei zu führen sein.

Fazit:

  • Wenn Menschen selbst Dinge schaffen, messen sie ihnen eine höhere Bedeutung zu als fertiger Massenware. Dieser so genannte IKEA-Effekt lässt sich im Marketing strategisch nutzen.
  • Der Effekt ist nicht nur bei Produkten zu beobachten, sondern auch im Berufsalltag – und in den Führungsetagen von Unternehmen: Auch Manager schätzen die eigene Arbeit oft höherwertiger ein als die eines Kollegen.
  • Um im Management Effekte wie das Not-Invented-Here-Syndrom zu überwinden, müssen tradierte Verhaltensmuster und Einstellungen revidiert werden.

Journal of Consumer Psychology | Michael I. Norton, Daniel Mochon, Dan Ariely: The IKEA effect. When labor leads to love»