Availability Bias in der Politik: Warum manche Themen überproportional viel Aufmerksamkeit erhalten

Der Availabity Bias bei der Diskussion aktueller Themen sorgt bei politischen Entscheiden oft für eine ineffiziente Verteilung von Ressourcen. Im Rahmen vom Behavioural Government Project des britischen BIT wird nach Lösungen geforscht.

Availability Bias in der Politik: Warum manche Themen überproportional viel Aufmerksamkeit erhalten

Im Moment veröffentlich das britische Behavioural Insights Team (BIT) regelmässig Erkenntnisse aus dem Bereich Behavioral Government, darunter auch zur Gewichtung von Themen im politischen Diskurs. Diese fällt gerne überproportional stark auf die immer gleichen Themen – weil diese einem schnell mal in den Sinn kommen (Availability Bias). Man denke etwa an die Diskussionen um Migration in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern

Das kann Folgen haben. Nach 9/11 etwa war die Angst vor dem Fliegen so gross, dass zahlreiche Amerikaner auf das Auto umstiegen und viel mehr Menschen im Strassenverkehr starben, als das, trotz Terrorgefahr, auf Flugreisen möglich war.

Medien fördern Availability Bias

Primär befeuert wird der Availability Bias durch die Medien, welche am meisten Zuspruch von ihren Rezipienten erhält, wenn Katastrophen vermeldet werden.

Eine verzerrte Selektion ist auch Redaktionen eigen, wie eine Studie herausgefunden hat. Bei einer Flutkatastrophe sind im Schnitt 674 Tote nötig, damit darüber berichtet wird, während bei einem Vulkanausbruch schon ein Opfer reicht:

[…] a study which examined the amount of television coverage given to 5,000 natural disasters over 1968 to 2002. It found that famines and droughts (gradual, centred on absence) required thousands of times more deaths than volcanoes and earthquakes (sudden, spectacular) to get the same level of coverage. If we assume that deaths from any type of natural disaster deserve equal attention, then this suggests we may not be focusing on where most good could be done.

Und was hat das mit Politik zu tun?

Politiker tendieren dazu, bei ihrer Entscheidungsfindung auch Wählerstimmen mitzubedenken. Das führt dazu, dass andere, ebenfalls wichtige Angelegenheiten zu wenig Beachtung erhalten („Policy underreaction“). Oder es kommt zu Überreaktionen, wie bei der Einführung des Dangerous Dogs Act 1991 in Grossbritannien, nachdem in den Medien verstärkt über Attacken von Kampfhunden berichtet worden war. Da sich aber daraufhin an der Haltung gefährlicher Hunde nicht viel änderte, wurde das Gesetz 2013 wieder aufgelassen.

Lässt man das politische Kalkül beiseite, ist klar zu erkennen, dass der Availability Bias der Allgemeinheit nicht hilft, etwa durch Verschwendung von Ressourcen. Das „Behavioural Government project“ des BIT ist daher gerade am Ausarbeiten von Wegen, um jene Probleme zu mildern, die dadurch verursacht werden können.

Quelle: Michael Hallsworth and Mark Egan, What should government pay attention to?, behaviouralinsights.co.uk, June 1, 2018