Evidenzabsierte Politik: Wie man die Wirkung von Interventionen bei mehreren Zielen und Massnahmen testen kann

Unterschiedliche politische Ziele brauchen unterschiedlich designte Strategien. Eine Studie zeigt, wie im Vorfeld die Wechselwirkung von verhaltensändernden Interventionen getestet werden kann.

Evidenzabsierte Politik: Wie man die Wirkung von Interventionen bei mehreren Zielen und Massnahmen testen kann

Laut Nobelpreisträger Jan Tinbergen setzt jedes wirtschaftspolitische Ziel mindestens ein linear unabhängiges Instrument voraus. Eine neue Untersuchung bezieht sich auf diese These für ein Feldexperiment im Bereich Wassermanagement. Gezeigt wird, wie unterschiedliche Verhaltensmechanismen getestet werden müssen, sobald verschiedene politische Ziele zu unterschiedlichen Zeitabschnitten angepeilt werden und die Wechselwirkungen zwischen Instrumenten und Ziele nicht klar sind.

In einem vierteiligen Feldexperiment werden verhaltensökonomische Erkenntnisse eingesetzt, um zum Einsatz neuer, sparsamer Technologien für die Rasenbewässerung zu motivieren. Dazu wurden inhaltlich verschieden designte Briefe an Haushalte versendet: Einmal darauf zugeschnitten, was man mit Hilfe der neuen Technologie zu gewinnen hat, einmal inklusive mit Framing auf Verlustaversion, einmal auf Social Proof abzielend und schliesslich eine Kombination aus Verlustaversion  und sozialem Vergleich.

Das Ergebnis:

We find that the combination of a social comparison and loss framing leads to a 36% increase in rebate requests relative to a benchmark letter, but it is only the loss framing on its own that reliably increases actual rebate redemption. In the nine months after treatment, the only intervention that led to a significant reduction in water use relative to the standard letter was the social comparison treatment, which resulted in a 1.4% drop in consumption.

Andere Instrumente für unterschiedliche Zeithorizonte

Die unterschiedlichen Anschreiben sorgen also für klar abgrenzbare Reaktionen. Botschaften, die sich auf die Belohnungen im Rahmen des “WaterSaver”-Programms beziehen, beeinflussen vor allem kurzfristige Ziele. Langfristige Ziele werden eher erzielt, wenn mit sozialen Vergleichen gearbeitet wird – allerdings wird die Teilnehmerrate damit kaum gesteigert.

Die Ergebnisse bestätigen Tinbergens Annahme: Mindestens zwei unterschiedliche politische Massnahmen sind notwendig, um ein Doppelziel zu erreichen: In deisem Fall das Etablieren einer neuen Technologie und die Reduktion des Wasserverbrauchs über einen längeren Zeithorizont hinweg.

Für weitere evidenzbasierte Politikansätze muss allerdings überprüft werden, wie abhängig Zielvorgaben voneinander sein können:

A more general point is that many economic production processes, and the policies that improve these processes, need to be discovered or better understood. It is our belief that behavioral scientists and natural field experiments have a critical role to play in this discovery process.

Quelle: Robert Hahn et al., THE BEHAVIORALIST AS POLICY DESIGNER: THE NEED TO TEST MULTIPLE TREATMENTS TO MEET MULTIPLE TARGETS, NBER Working Paper No. 22886, Issued in December 2016