Warum Selbstkontrolle schwer zu lernen ist – und warum es auch andere Wege gibt, um ans Ziel zu kommen

Willensstärke lässt sich nur begrenzt trainieren. Doch psychologische Strategien wie “Temptation Bundling” können dabei helfen, ungeliebte Tätigkeiten zu erfreulicher Routine werden zu lassen.

Warum Selbstkontrolle schwer zu lernen ist – und warum es auch andere Wege gibt, um ans Ziel zu kommen

Menschen können Versuchungen nur schwer widerstehen. Egal, ob es der Apfel im Paradies oder die Schokolade im Supermarktregal ist – trotz Verbot oder bester Vorsätze wird danach gegriffen. Bisher galt als bestes Mittel dagegen, den eigenen Willen zu stärken. Ein meist freud- und oft fruchtloses Unterfangen.

Möglicherweise muss der Einzelne aber andere Strategien nutzen, wie hier hier Brian Resnik auf vox.com schreibt:

“Effortful restraint, where you are fighting yourself — the benefits of that are overhyped,” Kentaro Fujita, a psychologist who studies self-control at the Ohio State University, says. He’s not the only one who thinks so. Several researchers I spoke to are making a strong case that we shouldn’t feel so bad when we fall for temptations. “There’s a strong assumption still that exerting self-control is beneficial … and we’re showing in the long term, it’s not”

Was heisst das nun? Wenn wir uns damit abfinden können, dass pure Willensstärke ein Ding der Unmöglichkeit ist, kann uns das schlechte Gewissen genommen werden, nachdem wir Versuchung erlagen. Der Fokus könnte endlich ein anderer sein: Etwa, auf welche Art Adipositas ohne die Voraussetzung eines stählernen Willens bekämpft werden kann (etwa indem das Essensangebot in Kantinen und Schulen geändert wird).

Gründe für gute Selbstkontrolle

Studien haben unterschiedliche Gründe dafür gefunden, warum manche Menschen über gute Selbstkontrolle verfügen.

  1. Viele von ihnen sehen keine Qual, wo andere in die Knie gehen. Sie machen gerne Sport, essen freiwillig gesund und achten ganz allgemein auf sich. Was kann man daraus lernen?
    “‘Want-to’ goals are more likely to be obtained than ‘have-to’ goals,” Milyavskaya [a professor at Carleton University, Anm.] says. “Want-to goals lead to experiences of fewer temptations. It’s easier to pursue those goals. It feels more effortless.”
  2. Menschen mit guter Selbstkontrolle haben sich positive Angewohnheiten anerzogen und gehen bestens strukturiert durchs Leben. Routine hilft bei vielen Tätigkeiten und vermeidet gleichzeitig besondere Willensanstrengungen. Dazu zählt auch, den Wecker ausserhalb der Reichweite des Bettes zu stellen, um in der Früh garantiert rechtzeitig aufzustehen.
  3. Manche Menschen sind genetisch so disponiert, dass sie Verführungen eher widerstehen.
  4. Je wohlhabender jemand ist, desto grösser die Selbstkontrolle. Denn im umgekehrten Falle ist die Zukunft unsicherer und man nimmt, was man kriegt – und das sofort.

Noch ist nicht ganz klar, ob Menschen manche dieser Fähigkeiten trainieren können, um mühelos die Selbstkontrolle zu wahren. Eine Idee nennt sich “motivational boost”, für die via Studienteilnehmer per SMS daran erinnert werden, warum ihre Ziele es wert sind, weiter verfolgt zu werden. Oder “temptation bundling”, das Aktivitäten spannender macht, indem erfreuliche Komponenten damit verbunden werden. Dazu gehört etwa das Hören von Audiobooks während des regelmässigen Workouts.

Es scheint, also könnte das starre Vermeiden von Versuchungen ersetzt werden mit neuen Motivationstechniken und -stategien, durchaus auch mithilfe von Smartphone Apps und anderen Technologien – eigentlich positive Aussichten!

Quelle: Brian Resnik, The myth of self-control, vox.com, Nov 3, 2016