Typische Prognosefehler: Du bist, was du tust – zumindest in den Augen der anderen

Laut einer Harvard-Studie zieht man aus Handlungen anderer oft falsche Schlüsse. Eine Konsequenz daraus für das Marketing: Besser nach Vorlieben fragen, als sie nur aufgrund vergangener Verhaltensmuster zu schätzen.

Typische Prognosefehler: Du bist, was du tust – zumindest in den Augen der anderen

Wer denkt, die nächste Aktion des Gegenübers von seinem bisherigen Verhalten ableiten zu können, kann ganz schön daneben liegen. Das zeigt eine aktuelle Harvard-Studie, und eine ihrer Autorinnen ist das beste Beispiel dafür. Sie sieht sich gerne “The Bachelor” an, eine TV-Show, in der eine Gruppe junger Frauen um einen Junggesellen rittert. Ziemlich seichte Unterhaltung und daher ungewöhnlich für eine Assistenzprofessorin aus Harvard – oder?

Die Aussagen der Damen im Fernsehen waren durchaus inspirierend für eine mehrteilige Versuchsreihe:

“One thing that’s commonly said is, ‘Well, if he’s into her, there’s no way he could be into me. […] They assume the Bachelor can only like one type of woman.”

Ist der Geschmack anderer Leute wirklich so leicht einzuschätzen? Ein falsches Facebook-Profil diente als Grundlage der ersten Studie. Dort wurde gepostet, dass “Joe Smith” einen Urlaub am See gebucht hat. Wer das gelesen hatte, vermutete eher, dass Smith Städte meiden wolle. Eine weitere Untersuchung zeigte ebenfalls, dass die meisten Probanden nicht der Auffassung waren, dass eine Person zwei Dinge mit unterschiedlichen Eigenschaften wählen würde.

Thriller oder Dokumentarfilm?

Um die Genauigkeit dieser Ergebnisse festzustellen, wurde im Rahmen der nächsten Untersuchung gefragt, welcher Film eher von Interesse wäre: Ein Top-Thriller oder ein hochqualitativer Dokumentarfilm. Dabei wurde der Gefragte von einem Partner beobachtet. Was, wenn der gewählte Film aber nicht mehr erhältlich wäre? Die meisten der Beobachter gingen davon aus, dass aus der ursprünglich gewählten Kategorie ein Film niedrigerer Qualität gewählt werden würde. Das stimmte nicht ganz: 68,5 Prozent der Teilnehmer entschieden sich für den Top-Film des anderen Genres – davon waren nur 39,3 Prozent der beobachtenden Partner ausgegangen.

Wie kann man solche Fehler in den Vorhersagen am besten vermeiden? Auf Seiten eines Unternehmens sollte man das Verhalten seiner Kunden nicht pauschal einschätzen, so die Autoren:

“From a firm’s perspective, you should never fill in the blank about an option you don’t necessarily know about. […] Maybe you can empirically show that people who drive Toyota Priuses don’t like Hummers. But in more nuanced cases it might behoove you to just ask consumers, ‘Do you like this thing?’ That way you don’t jump to any conclusions about it.”

Und im persönlichen Bereich muss man davon ausgehen, dass die Umgebung aus manchen Aktionen falsche Schlüsse ziehen könnte – etwa das Erwähnen einer Leidenschaft für Fernseh-Junk während eines Bewerbungsgesprächs.

Quelle: Carmen Nobel, When Predicting Other People’s Preferences, You’re Probably Wrong, hbs.edu, 20 June 2016