Robert J. Shiller: Ökonomen sollten in der Flüchtlingsfrage aktiver werden

Wirtschaftswissenschaftler können viel dazu beitragen, um falsche Annahmen anlässlich der aktuellen Migrationswellen zu entkräften und Chancen aufzuzeigen.

Aktuell sind weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Der United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR), in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg eigentlich nur temporär eingerichtet, hat nach wie vor alle Hände voll tun.

Was bei der tagesaktuellen Diskussion der Flüchtlingswellen immer zu wenig besprochen wird, sind die langfristigen Aspekte der Migration. Aus diesem Grund hat Robert J. Shiller, im Jahr 2013 mit dem Nobelpreis für Ökonomie ausgezeichnet, für das jährliche Treffen der American Economic Association eine Session unter dem Titel “Sixty Million Refugees” einberufen, für die renommierte Ökonomen ihre Erkenntnisse und Ansichten zum Thema vortrugen.

Flucht heisst, um sein Leben rennen

Timothy J. Hatton von der University of Essex and Australian National University entschärfte etwa das weitverbreitete Argument, dass Menschen hauptsächlich aus ökonomischen Gründen ihre Heimat verlassen:

People in fear for their lives run to the nearest safe place, not the richest. There is no escape from the moral imperative to help them.

Semih Tumen von der türkischen Zentralbank konnte Beweise erbringen, dass die 2,2 Millionen syrischen Flüchtlinge in den Grenzregionen keine Bedrohung für den Arbeitsmarkt, sondern einen positiven Stimulus für die dortige Wirtschaft bedeuten. Und Jeffrey D. Sachs, Columbia University, trug Überlegungen zu einem Aufteilungssystem von Flüchtlingsströmen vor. Um Brain Drain zu vermeiden, dürfe nicht nur gut ausgebildeten Migranten Asyl gewährt werden. Ausserdem – so Shiller – sei es der Ökonomen einen idealen Schlüssel zu finden, wie Flüchtlinge auf Länder verteilt werden können.

Shiller ruft daher Ökonomen deutlich auf, sich ei diesem brennenden Thema unser Zeit stärker einzubringen:

Under today’s haphazard and archaic asylum rules, refugees must take enormous risks to reach safety, and the costs and benefits of helping them are distributed capriciously. It does not have to be this way. Economists can help by testing which international rules and institutions are needed to reform an inefficient and often inhumane system.

Quelle:

Robert J. Shiller, Economists on the Refugee Path, project-syndicate.org, January 19, 2016