Ehrenwort! Theorie und Praxis zur Wirksamkeit von Self Commitment

Commitment Devices sind keine leeren Versprechen. Ihr Wirksamkeit ist in zahlreichen Studien empirisch belegt – und sie können für ehrlicher erstellte Steuererklärungen genauso sorgen wie für einen gesünderen Lebensstil.

Ehrenwort! Theorie und Praxis zur Wirksamkeit von Self Commitment
Commitment Devices sind keine leeren Versprechen. Ihr Wirksamkeit ist in zahlreichen Studien empirisch belegt – und sie können für ehrlicher erstellte Steuererklärungen genauso sorgen wie für einen gesünderen Lebensstil.

Eine kürzlich vorgestellte Studie des Max-Planck-Instituts für Ökonomik untersucht die Wirksamkeit von Versprechen: Mitesh Kataria und Fabian Winter entwickelten ein spieltheoretisches Vertrauensexperiment für zwei Spieler und einen dritten „beratenden“ Mitspieler, den „Assessor“. Dieser hatte die Vertrauenswürdigkeit seiner Mitspielenden einzuschätzen.

Die Belohnung des Assessors war je nach Versuchsreihe unterschiedlich: Bei positiver und negativer Einschätzung konnte die Honorierung gleich ausfallen (Variante 1) oder höher sein, wenn sich eine Einschätzung als korrekt herausstellte (Variante 2). Bei Variante 3 wurde zuvor eine Vertrauenserklärung unterzeichnet, dass die Einschätzung „nach bestem Wissen und Gewissen“ erfolgen würde. Das Resultat:

Gegenüber Variante 1 sanken bei den Varianten 2 und 3 der Anteil positiver Vorhersagen deutlich und zwar von 89 Prozent auf 56 und 53 Prozent. Das bedeutet: Vor die Wahl gestellt, ein gegebenes Versprechen zu halten oder einen Freund positiv zu beurteilen, war das Bedürfnis, Wort zu halten, stärker.

Der Nachweis, dass schon ein Versprechen allein ausreichend Commitment für ein bestimmtes Verhalten hat, ist für Applikationen in der Praxis höchst relevant. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass etwa bei Referenzschreiben oder Steuererklärungen mit höherem Wahrheitsgehalt zu rechnen ist, wenn zuvor die Erklärung abgegeben wird, dabei ehrlich vorzugehen.

Das Ich: Zurück in die Zukunft

Zu der theoretisch einfachen Integration solcher Commitment Devices und ihrer verhältnismässig grossen Wirkung existieren zahlreiche weitere Beispiele. Eines der berühmtesten Beispiele für Selbstbindung (Self Commitment) stammt aus der griechischen Mythologie: Odysseus lässt sich selbst an den Mast binden, um dem betörenden Gesang der Sirenen zu widerstehen. Seiner Mannschaft befiehlt er, sich die Ohren mit Wachs zu verschließen, so dass sie weder die Sirenen noch seine Bitten um Losbinden hören.

Durch Selbstbindung soll das gegenwärtige Ich dem zukünftigen Ich unter die Arme greifen, so der Ökonom Steven Levitt:

Sometimes it’s the case that people know that their future version of themselves will want to follow a behavior that their current version of themselves is not comfortable with.

Die Anwendungsmöglichkeiten von Commitment Devices sind vielfältig. Im Freakonomics-Podcast „Save Me From Myself“ werden die abenteuerlichsten Tricks beschrieben, um genug Willensstärke für schwierige individuelle Projekte wie Abnehmen oder Nikotinentwöhnung aufzubringen. Eine der absurderen Ideen, die Levitt darin anführt: Übergewichtige könnten ein Tasse voll Erbrochenem um den Hals tragen und daran schnuppern, sobald sie der Hunger überfällt.

Realistischer und beinahe erfolgreich abgeschlossen: Ein frisch gebackener Familienvaters nahm sich vor, 30 Tage lange auf alle schlechten Gewohnheiten zu verzichten (diese bestanden hauptsächlich aus fettem Essen) und bei Versagen dem von ihm wenig geschätzten US-TV-Star Oprah Winfrey eine Stange Geld zu überweisen.

Eine weitere empfehlenswerte Arbeit zur Wirkung von Commitment Devices stammt von Anna Aizer, Ökonomin an der Brown University, die gemeinsam mit ihrem Mann Pedro dal Bó die Studie „Love, hate and murder: Commitment devices in violent relationships“ über Commitment Devices gegen häusliche Gewalt durchführte. Der Hintergrund: In den USA wurde vielerorts die „no-drop policy“ eingeführt, um zu verhindern, dass Opfer häuslicher Gewalt es sich anders überlegen und die Anzeige gegen ihre Peiniger fallen lassen – mit deutlich messbaren Auswirkungen:

Many violent relationships are characterized by a high degree of cyclicality: women who are the victims of domestic violence often leave and return multiple times. To explain this we develop a model of time inconsistent preferences in the context of domestic violence. This time inconsistency generates a demand for commitment. We present supporting evidence that women in violent relationships display time inconsistent preferences by examining their demand for commitment devices. We find that no-drop policies – which compel the prosecutor to continue with prosecution even if the victim expresses a desire to drop the charges – result in an increase in reporting. No-drop policies also result in a decrease in the number of men murdered by intimates suggesting that some women in violent relationships move away from an extreme type of commitment device when a less costly one is offered.

Quellen: