James Heckman zum Thema Frühförderung bei Kindern

Negative Auswirkungen auf die spätere soziale Biografie durch Herkunft und Umfeld können durch die richtige Frühförderung ausgeglichen werden. Wirtschaftsnobelpreisträger James Heckman fordert in einem Interview eine Intervention vor allem bei Kindern, die der “Unfall der Geburt” am härtesten trifft.

James J. Heckman
James J. Heckman, Foto: heckmanequation.org
James J. Heckman

James J. Heckman, Foto: heckmanequation.org

Anschliessend an Ernst Fehrs Artikel über „Die soziale und wirtschaftliche Bedeutung frühkindlicher Bildung“ sei hier auch ein „Zeit“-Interview mit dem Ökonomen und Wirtschaftsnobelpreisträger James Heckman von der University of Chicago empfohlen. Er ist ist Schöpfer des Begriffs „Unfall der Geburt“ und plädiert ebenfalls stark für die Frühforderung:

Jeder von uns wird in Umstände hineingeboren, über die er keine Kontrolle hat. Unsere Eltern, unsere Gene, unsere Bildung, unsere Gesundheit sind durch unsere Familien vorgegeben. Dabei gibt es grosse Unterschiede in der Ausstattung.

Heckman und seine Kollegen werteten einige Langzeitstudien zu Frühentwicklung und baldige Investitionen in Bildung aus – u.a. das Perry-Preschool-Projekt –, die zeigen, dass in der frühen Kindheit Ungleichheit in Bildung und Zuwendung zu Ungleichheit in Fähigkeiten, Leistungen, Gesundheit und allgemeines Gelingen im späteren Leben führen. Heckman veranschaulicht die Unterschiede im verbalen Vermögen:

Wenn Sie sich nur die Anzahl der verschiedenen Wörter ansehen, denen Kinder unter drei Jahren in den unterschiedlichen sozioökonomischen Gruppen monatlich ausgesetzt sind – 500 in der Unterschicht, 700 in der Arbeiterschicht, 1100 in der Schicht der gut Ausgebildeten –, sind das Lücken, die sich anders schwer schliessen lassen.

Gleichzeitig besagen die untersuchten Daten, dass solch negativen Auswirkungen durch Investitionen in rechtzeitige Bildung ausgeglichen werden können. Der Kapitaleinsatz muss allerdings weise gelenkt werden. Die Mittel- und Oberschicht etwa investiere ohnehin ausreichend in die Bildung ihrer Kinder, so Heckman. Bei beschränkten Mitteln gelte es, sie dort einzusetzen, wo sich der Steuerzahler die grösste Wertschöpfung seines Geldes erwarten kann – so hart das auch klingen mag.

Frühförderung als Anlageoption?

Frühförderung soll auf lange Sicht in der Anhebung der allgemeinen Wohlfahrt resultieren. Um die Kosten dafür decken zu können, wird gerade an einer Idee gefeilt, die Investoren bei erfolgreicher Umsetzung schon mittelfristig eine Rendite versprechen könnte, so Heckman:

Ist die Beweislage hart genug, können wir die Förderung vermarkten. Wir arbeiten an einem Projekt, von dem wir glauben, dass es das Kostenproblem lösen könnte. Rob Dugger, ein Fondsmanager, der Interesse an frühkindlicher Bildung hat, hat eine sehr kreative Idee von sogenannten Social Impact Bonds entwickelt, also Anleihen, die Profit bringen, wenn das investierte Geld sich sozial positiv auswirkt. Die Frage ist: Kann man Frühförderprogramme mit Bonds finanzieren? Für mich ist die akademische Herausforderung, zu ergründen, ob der Markt das annimmt.