Entwicklungshilfe: Wie die richtige Incentivierung von Lehrern die Bildung von Kindern verbessert

Weil Lehrer sehr oft nicht zum Unterricht erschienen, sank die Leistung der Kinder im Bildungsprogramm einer NGO in Indien. Ein Feldexperiment zeigte, mit welchen Massnahmen dem Problem beigekommen werden kann. Es ist in diesem Fall eine Frage der richtigen Incentivierung.

Entwicklungshilfe: Wie die richtige Incentivierung von Lehrern die Bildung von Kindern verbessert
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Seit 1986 errichten NGOs wie Seva Mandir in Indien non-formal education centers (NFEs), um Kindern in schwer erreichbaren ländlichen Regionen eine Vorbereitung auf die staatlichen Schulen zu ermöglichen. In Kenia und Bangladesh laufen ähnliche Initiativen. Der Grossteil der NFE-Schüler ist zwischen sieben und zehn Jahre alt. Pro Bildungszentrum ist nur eine Lehrperson im Einsatz – und wenn diese nicht zur Arbeit erscheint, hat auch die Schule geschlossen.

Das, so zeigte sich, passiert relativ oft. Viele Pädagogen lassen zum Beispiel die Arbeit ruhen, sobald sie nach dem definierten Mindestmass an Leistung ihr Honorar erhalten haben (Fehr und Goette, 2002). Die Kinder erhalten dann weniger Unterricht – und ihre Chance auf eine staatliche Schule sinkt.

Eine Studie von Esther Duflo, Rema Hanna und Stephen Ryan im ländlichen Rajasthan zeigt, wie diesem Problem begegnet werden kann. 60 der Seva Mandir-Schulen wurden per Zufallsprinzip für ein Experiment ausgewählt, weitere 60 dienten als Kontrollgruppe. Die untersuchten Schulen erhielten je eine Kamera, mit der eines der Kinder täglich zu Unterrichtsbeginn und -ende den Lehrer und seine Schüler ablichtete. Die automatisierte Datums- und Zeitangabe auf den Prints diente als Beweis für die tatsächliche Anwesenheit des Lehrers.

Zusätzlich wurde den Pädagogen ein monetärer Anreiz angeboten. Zum monatlichen Grundsalär von Rs 500 – das mindestens zehn absolvierte Unterrichtstage voraussetzt – zahlte Seva Mandir pro zusätzlichem Unterrichtstag Rs 50. Die Lehrer der Kontrollgruppe erhielten Rs 1.000 im Monat, aber keine weiteren Boni. Stattdessen wurden sie – wie immer – daran erinnert, täglich in der Schule zu erscheinen, ansonsten drohe die Kündigung (was allerdings nie in Realität umgesetzt wurde).

30 Prozent mehr Unterrichtszeit

Ein eindeutiges Ergebnis war die Folge: Die Abwesenheitsrate des Lehrpersonals betrug innerhalb der untersuchten Gruppe nur noch 21 Prozent im Vergleich zu den 44 Prozent vor Experimentbeginn. Die Rate der Kontrollgruppe sank nur minimal (auf 42 Prozent). Für die Schüler der untersuchten NGO-Bildungsstätten bedeutete dies rund 30 Prozent zusätzliche Unterrichtszeit, was sich auch auf den Notendurchschnitt positiv auswirkte. Damit verbesserte sich die Wahrscheinlichkeit für die Schülerinnen und Schüler, danach an einer staatlichen Schulen aufgenommen zu werden.

Spannend auch, was die Testreihen zu den wirksamsten Massnahmen im Anschluss an das Experiments zeigten: Für die bessere Arbeitsmoral der Pädagogen waren vor allem die Incentives verantwortlich, die an tatsächliche Leistung gebunden waren. Die Kontrolle der Anwesenheit mit der Kamera war weniger ausschlaggebend.

Fazit:

  • Das Feldexperiment in Indien zeigt, dass ein klug ausgestaltetes Incentivierungssystem nicht nur die Motivation erhöht, sondern auf die gesamte Gesellschaft wirkt: Leistungsbereitere Lehrer sorgen für ein besseres Bildungsniveau bei Kindern – was wiederum deren spätere Lebenskarrieren beeinflusst.
  • Kontrolle ist gut, doch das richtige Incentivierungssystem ist besser: Nicht die Dokumentation der Anwesenheit der Lehrer gab den Ausschlag, sondern die zusätzliche Entlohnung zum Grundgehalt.
  • Eine Erhöhung des Grundgehalts allein hatte keine signifikanten Auswirkungen auf die Arbeitsmoral.