Warum Prognosen sehr oft wertlos sind

Kopf oder Zahl? Die Chancen stehen immer 50:50 – auch wenn sich manche lieber von einem heissen Tipp verführen lassen als die schnöde Wirklichkeit zu akzeptieren.

Warum Prognosen sehr oft wertlos sind
Kopf oder Zahl? Die Chancen stehen immer 50:50 – auch wenn sich manche lieber von einem heissen Tipp verführen lassen als die schnöde Wirklichkeit zu akzeptieren.

Verhaltensökonomen wissen, wie leicht man Spielern eine goldene Zukunft vorgaukeln kann. Sobald ein Tipster, also ein selbsternannter Insider im Wett-Business, Prognosen verkauft, sind einige Spieler schnell zu überzeugen. Denn ein Bruchteil dieser Tipps tritt auch ein, so will es die Wahrscheinlichkeit. Und bei wem sich die Prognose bewahrheitet hat, der verlässt sich beim nächsten Mal viel eher wieder auf den Tipster seines Vertrauens.

Financial Times-Kolumnist und Buchautor Tim Hardford berichtet von einer Testreihe, die bewies, dass solche Voraussagen zwar reine Einbildung sind, aber nichtsdestotrotz fruchtbaren Boden finden. Zwei Verhaltensökonomen, Nattavudh Powdthavee und Yohanes Riyanto, führten dazu mit Studenten in Thailand und Singapur ein Laborexperiment durch. Jeder Proband erhielt einen Stapel nummerierter und versiegelter Umschläge, die jeweils einen Tipp enthielten.

Dann wurden Münzen geworfen, und es war ganz klar, dass die Würfe dem reinen Zufallsprinzip folgten: die Geldstücke stammten aus den Portemonnaies der Teilnehmer und wurden regelmässig durch neue ersetzt, ausserdem schnippten die Studenten die Münzen selbst in die Luft.

Die Probanden erhielten Spieljetons und wurden eingeladen, auf jeden Münzwurf zu wetten. Der Einsatz: Doppelt oder Nichts. Ihnen wurde ausserdem kommuniziert, dass jedes nummerierte Kuvert die Voraussage für den nächsten Wurf enthalte. Wer bereit war, einen Fixpreis zu zahlen, durfte schon vor dem Wurf den Tipp aus dem Umschlag holen. Gratis war die Einsicht erst nach dem Werfen.

Investieren in heisse Luft

Natürlich wissen wir, dass die Prognosen in den Umschlägen nutzlos waren. Von den fast 400 Studenten fischten eben einige zufällig die richtigen Tipps heraus. Interessant war aber, ob diese Studenten beginnen würden, für Vorhersagen zu bezahlen. Und wie lange es dauern würde, bis sie Bereitschaft für solche Investitionen zeigten.

Das Ergebnis: Ja, sie zahlten, und es dauert nicht einmal lange. Schon nach nur einem richtigen Tipp tendierten die Studienteilnehmer dazu, zu bezahlen, um den nächsten sehen zu können. Dieser Effekt wurde nach einer zweiten korrekten Prognose besonders signifikant. Nach vier richtigen Tipps hintereinander waren mehr als vierzig Prozent der Studenten bereit, für einen Blick auf den fünften in die Tasche zu greifen – auch wenn die Wahrscheinlichkeit für vier richtige Prognosen bei 1 zu 16 liegt.

Eigentlich kaum überraschend. Verhaltensökonomen und Psychologen wissen schon seit längerem, dass Menschen Muster sehen wollen, wo keine sind. Was uns besonders zu denken geben sollte: Die offensichtliche Nutzlosigkeit von Tipps. Niemand kann ernsthaft glauben, dass es beim Werfen von Münzen irgendeine Form von Insiderwissen geben kann – und doch tun wir das.

Der Zufall, so scheint es, erscheint uns zu einfach. Doch genau das kann zum Verhängnis werden. In diesem Sinne: Sollten Sie einmal einen Investment-Berater treffen, der die unglaubliche Rendite seiner Anlage lobt – überlegen Sie ganz nüchtern, ob es sich dabei nicht auch um einen kurzfristigen Glückstreffer unter den vielen Fonds seines Unternehmens handeln könnte.