Entscheidungen in Teams: Mehrere Köpfe entscheiden besser als einer

Wenn Teams eine Entscheidung treffen, unterscheidet sich diese systematisch von den Entscheidungen eines Einzelkämpfers. Doch nicht nur das: Teams handeln auch rationaler und machen weniger Fehler.

Entscheidungen in Teams: Mehrere Köpfe entscheiden besser als einer
Wenn Teams eine Entscheidung treffen, unterscheidet sich diese systematisch von den Entscheidungen eines Einzelkämpfers. Doch nicht nur das: Teams handeln auch rationaler und machen weniger Fehler.

Wenn der Mensch mit traditionellen Ansätzen der Wirtschaftswissenschaft beschrieben wird, gilt er meist als egoistisches Individuum. Es trifft seine Entscheidungen allein und steigert dabei – wenn möglich – seinen persönlichen Nutzen. Doch in der Praxis unseres Lebens existieren wir nur selten allein und außerhalb aller sozialen Bindungen. Und daher entscheiden wir auch nur selten allein.
Egal ob in Regierungen, in Familien oder in Executive Boards von Unternehmen – die Entscheidungen werden meistens innerhalb von Gruppen gefasst. Diese Tatsache wurde von der Wirtschaftswissenschaft leider sehr lange ignoriert. Alle in den vergangenen Jahren zum Thema durchgeführten Experimente zeigen allerdings, dass Gruppen systematisch anders entscheiden als Individuen. Sie handeln rationaler, strategischer und machen weniger Fehler. Oder anders formuliert: Sie beugen jenen Irrationalitäten vor, die das Individuum in seinem Leben prägen.

Teams machen weniger Fehler

Ein gutes Beispiel dafür ist ein Experiment, das Ökonomen “Beauty Contest” nennen. Es geht auf John Maynard Keynes zurück. Dabei müssen Probanden beispielsweise eine Zahl zwischen Null und 100 nennen (siehe etwa hier die Arbeit von Rosemarie Nagel). Aus all diesen Zahlen wird der Durchschnitt gebildet. Es gewinnt jener Teilnehmer einen Geldpreis, dessen Schätzung Zahl am nächsten an zwei Dritteln des Mittelwertes liegt.

Wer gewinnen möchte, muss also nicht abschätzen, was die anderen Probanden im Durchschnitt angeben, sondern antizipieren, welchen Durchschnittswert seine Gegenspieler für vielversprechend halten und davon zwei Drittel nehmen.

Wenn alle Mitspieler versuchen, den von ihnen erwarteten Durchschnittswert zu unterbieten, müsste sich eigentlich ein Durchschnitt von Null ergeben. Und ein vollkommen rationaler Spieler würde diese Zahl auch sofort wählen, doch tatsächlich liegt das Ergebnis auch nach mehreren Runden noch deutlich darüber. Mit der Rationalität ist es hier also nicht weit her.

Und wie gehen Teams mit solchen Aufgaben um? Das haben wir in mehreren Experimenten untersucht, die auf dem oben genannten Setting basieren (Siehe auch: Martin G. Kocher & Matthias Sutter: The Decision Maker Matters: Individual Versus Group Behaviour in Experimental Beauty-Contest Games. In: The Economic Journal, January 2005) Das Ergebnis: Teams treffen zwar nicht prinzipiell die besseren Entscheidungen, aber sie durchschauen das Spiel eher und lernen schneller aus ihren Erfahrungen.

Teams entscheiden effizienter

Nachdem Einzelspieler und Gruppen in der ersten Runde noch ähnliche Zahlen gewählt hatten, entschieden sich fast alle Gruppen danach für niedrigere Zahlen als Einzelkämpfer. Resultat: Teams gewannen das Spiel häufiger und konnten am Ende eine um durchschnittlich 40 Prozent höhere Prämie mit nach Hause nehmen.

Bei so deutlichen Vorteilen von Teamwork bleibt trotzdem noch die Frage, unter welchen Umständen die Entscheidungen von Teams besonders effektiv sind. Hier zeigten die Experimente, dass Gruppen gerade dann besonders schlagkräftig sind, wenn sie divers zusammen gesetzt sind – und wenn ihr Umfeld das kreative Mitreden und Mitdenken fördert.

Fazit:

  • Teams entscheiden strategischer, machen weniger Fehler und können gerade bei komplexen Entscheidungen gegenüber Einzelgängern im Vorteil sein.
  • Teams können sich besser in die Situation der Konkurrenz hinein versetzen. Sie sind intuitiver beim Antizipieren von anderen Perspektiven.
  • Die Entscheidungsqualität von Teams kommt am besten zur Geltung, wenn sie aus diversen Persönlichkeiten bestehen, die konstruktiv Kompromisse eingehen können.
  • Je grösser die Gruppe, desto grösser auch die Gefahr von Koordinationsproblemen und „Social Loafing“ (Soziales Faulenzen).

Am 9. November gestaltet das Team von FehrAdvice den Capvis Campus, eine Veranstaltung für die CEOs der führenden Schweizer Beteiligungsgesellschaft. Thema: “Verhaltensökonomie: Revolution in der Wissenschaft – und ein mächtiges Tool für Entscheider”.

Als Keynote-Speaker wird Matthias Sutter von der Universität Innsbruck über das oft irrationale Handeln im Management referieren – und darüber, warum Teams oft effizientere Entscheidungen treffen als Einzelkämpfer. Sutter ist einer der führenden Verhaltensökonomen im deutschsprachigen Raum. Teamentscheidungen sind einer seiner Forschungsschwerpunkte.

Mehr zu Sutters Arbeit findet sich auch hier im FehrAdvice Blog.