BEA™ Pricing-Serie (3): Nutzen und Psychologie des Geldes

Geld wird in der Ökonomie meist sehr abstrakt definiert: als Zahlungsmittel. Der Faktor Mensch hat in diesen Definitionen keinen Platz. Doch um die psychologischen Aspekte des Geldes – und damit von Pricing – zu erfassen, muss er in den Vordergrund rücken.

BEA™ Pricing-Serie (3): Nutzen und Psychologie des Geldes
Verlustaversion. Illustration: Gernot Budweiser

Vor zwei Wochen habe ich mich für unsere Serie zum Thema BEA™ Pricing mit der Einstellung des Menschen zum Geld befasst. Nun ist die Psychologie des Geldes dran.

Geld wird in der Ökonomie meist sehr abstrakt definiert: als Zahlungsmittel. Der Faktor Mensch hat in diesen Definitionen keinen Platz. Doch um die psychologischen Aspekte des Geldes – und damit von Pricing – zu erfassen, muss er in den Vordergrund rücken.

In der traditionellen Ökonomie spielt der Begriff des Nutzens eines Gutes eine wichtige Rolle. Der Nutzen beschreibt die relative Zufriedenheit, die sich einstellt, wenn man ein Gut konsumiert. Die Steigerung oder Verminderung des Nutzens drückt sich meistens im Preis aus. Der rationale Mensch entscheidet daher anhand des Nutzens eines Gutes, ob er gewillt ist, den festgelegten Preis dafür zu bezahlen. So weit, so Homo Oeconomicus.

Der Nutzen des Geldes ist weitaus komplexer zu erklären. Objektiv dient es als Zahlungsmittel und als Entsprechung eines bestimmten Wertes. Doch Geld hat auch subjektive Bedeutungen.

Um diese zu erfassen, hilft ein Experiment, das auf der quantitativen Methode der “Magnitude Estimation” basiert. Dabei wird einem Teilnehmer ein Stimulus präsentiert. Der Teilnehmer weist diesem Stimulus dann auf einer Verhältnisskala einen bestimmen Wert zu. Der amerikanischen Experimentalpsychologe Eugene Galanter hat dieses Design im Jahr 1990 auf den Nutzen des Geldes angewandt (Siehe: Utility Functions for nonmonetary events. The American Journal of Psychology, Nr 103, S 449-470). Dabei wurden 50 Studenten folgende Fragen gestellt:

  1. Wie glücklich macht es Sie, wenn Sie erfahren, dass Sie ein Geschenk von 10 Dollar bekommen?
  2. Wie viel Geld müssen Sie erhalten, um doppelt so glücklich zu sein wie bei einem Geschenk von 10 Dollar?

Die Fragen wurden dann mit anderen Teilnehmern (und anderen Beträgen: 100 Dollar bzw. 1000 Dollar) wiederholt, die Ergebnisse waren verblüffend – und vor allem: nicht rational. Denn es brauchte nicht die doppelte Summe Geld, um doppelt so glücklich damit zu sein – sondern im Durchschnitt die fünffache (siehe Abbildung).

Aus: Eugene Galanter, Utility Functions for nonmonetary events. The American Journal of Psychology, Nr 103, S 449-470

Der Nutzen von Geld steigt also nicht linear. Mehr Geld bedeutet zwar mehr Nutzen, doch der Nutzen steigt viel langsamer als der Wert des Geldes.

Bleibt noch die Frage, wie es sich mit dem Nutzen verhält, wenn ein Mensch kein Geld bekommt, sondern Geld verliert? Auch dazu hat Galanter in Anlehnung an die von Daniel Kahneman und Amos Tversky entworfene „Prospect Theory“ (für die Kahneman 2002 den Nobelpreis erhalten hat) ein Experiment durchgeführt, bei dem die Studenten etwas von den 10, 100 oder 1000 Dollar zurück geben mussten. Sie waren nicht nur wenig glücklich darüber, sondern sogar sehr unglücklich. Das Ergebnis zeigte, dass der Verlust eines bestimmten Geldbetrags einen viel negativeren Einfluss auf das generelle Glücksempfinden mit sich bringt als dies beim Gewinn des exakt gleichen Betrags der Fall ist.

Diese Angst vor Verlusten (“Verlustaversion”) zeigt sich auch an alltäglichen Produkten wie dem Benzinpreis. Wenn dieser sinkt, wird dieses Ereignis ohne grosse Regungen zur Kenntnis genommen. Aber, was wenn er um den gleichen Betrag steigt? Dann ist dies zumindest kurzfristig ein grosses Thema. Es wird gejammert und gezetert und die Unzufriedenheit steht in keiner Relation. Interessanterweise führen aber gerade bei der Benutzung des Autos steigende oder fallende Preise nicht dazu, dass weniger oder mehr mit dem Auto gefahren wird. Aber damit wären wir schon beim Thema der Preiselastizitäten. Und die werden wir ein anderes mal genauer anschauen.

 Fazit:

  • Der Nutzen von Geld wird von Menschen nicht rational bewertet. Er hat einen abnehmenden Grenznutzen
  • Im Vergleich zu Geldgewinnen lösen Geldverluste überproportional starke Gefühle aus: Der Mensch ist “verlustaversiv”.
  • Wer die Preise von Produkten oder Dienstleistungen anheben möchte, sollte sich bewusst sein, dass dies zu starken Reaktionen bei den Kunden führen kann.

Lesen Sie in zwei Wochen in Teil 4 unserer Serie zum Thema BEA™ Pricing, welche Preise als fair empfunden werden – und wie man faire Preise festsetzt.